Unterhaltungswert
Es war einmal eine Zeit, da trafen sich Geheimbünde in Hinterzimmern und zimmerten sich zurecht, was die Menschen wollen könnten. Das nannten sie „Wahlprogramm“. Und wenn es nicht genug gewählt hatten, war der berühmte „Nichtwähler“ schuld.
Inzwischen haben die Parteien gemerkt, dass sie so keine Leute mehr erreichen. Jetzt werden Parteitage zur offenen Veranstaltung für Jedermann (der/die bestenfalls in homöopathischen Mengen kommt). Und Wahlprogramme werden mit einem Meer von Mails in offenen Foren entwickelt. Heißt es.
Da es die Stammwähler und die Hochburgen der Parteien auch nicht mehr gibt, geht es jetzt mit manchmal peinlichen Verbrüderungsszenen zur Zielgruppe: Um den Leuten zu beweisen, dass man etwas tut, was man Politikern eigentlich nicht zutraut.
So wurde der CSD in München zum Stelldichein für die Politprominenz, eine mehr oder weniger verkrampfte Pflicht für alle OB-Kandidaten. Genauso pilgern sie alle an den coolen Sandstrand bei der Corneliusbrücke oder hoch in die Berge. Sogar die Plakate dieser Wahlkampf-Saison haben Unterhaltungswert und sind weniger mit drögen Parolen befrachtet.
Diese Öffnung ist eigentlich eine gute Sache. Green City macht seit Jahren vor, wie man zielgenau Leute anspricht, die sich dann für eine gezielte Sache engagieren. So holt man Frustrierte zurück und macht Politik nahbar. Aber es ist ein schwieriger Balanceakt zwischen Ernsthaftigkeit und Ranwanzen. Mancher macht sich da auch schon mal zum Clown.
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