Unionsfürsten warnen SPD vor Gegenkandidatur
Die Koalition steuert auf eine neue Belastungsprobe zu: Nachdem der Amtsinhaber angekündigt hat, er werde sich wieder zur Wahl stellen, muss sich die SPD erklären. Viel deutet darauf, dass sie Schwan gegen Köhler ins Rennen schickt.
Die Große Koalition in Berlin steuert auf eine Phase neuer Belastungen zu. Nachdem Bundespräsident Horst Köhler angekündigt hat, er werde bei der nächsten Präsidentenwahl erneut antreten, hat die SPD für Montag eine Entscheidung angekündigt, ob sie einen eigenen Kandidaten aufstellt.
Die Zeichen deuten allerdings deutlich darauf hin, dass die Sozialdemokraten das tun werden. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck nahm den Entschluss Köhlers nur «mit Respekt zur Kenntnis». Der SPD-Vorstand werde am Montag eine Entscheidung fällen, sagte er. In der Parteispitze wird, so die Nachrichtenagentur dpa, fest damit gerechnet, dass die SPD einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt und dass dies die Universitätspräsidentin Gesine Schwan sein wird. Beck sagte auf dem Deutschen Katholikentag in Osnabrück, falls die SPD einen Kandidaten aufstellt, werde es eine Frau sein: «Wenn, dann wird es eine Sozialdemokratin sein.»
Koch: Köhler nicht mit Links- und Rechtsextremisten stürzen
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Roland Koch warnte die SPD davor, Schwan als Gegenkandidatin ins Rennen zu schicken. Die SPD solle nicht versuchen, «mit Hilfe von Links- und Rechtsextremisten Bundespräsident Köhler zu stürzen», sagte der geschäftsführende hessische Ministerpräsident der «Financial Times Deutschland». CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla forderte die SPD auf, Köhler für eine zweite Amtszeit zu unterstützen. Es gebe keinen erkennbaren Grund, in der Bundesversammlung einen zweiten oder dritten Kandidaten zu benennen.
Ramsauer: «Einfrierende Wirkung» auf Koalitionsklima
Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Peter Ramsauer warnte die SPD davor, Gesine Schwan gegen Köhler ins Rennen zu schicken. «Das hat nicht nur für das Klima in der großen Koalition eine weiter einfrierende Wirkung, sondern spaltet auch die deutsche Öffentlichkeit.» Ramsauer appellierte an die SPD, die Wahl des Bundespräsidenten nicht zu «parteitaktischen Spielchen» zu missbrauchen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte sich nicht dazu äußern, ob eine SPD-Gegenkandidatur das Koalitionsklima belasten würde. Die Sozialdemokraten müssten jetzt entscheiden, sagte die CDU-Chefin. «Dem kann ich nicht vorgreifen.» Sie begrüßte Köhlers Entscheidung, erneut anzutreten.
Köhler könnte erster Amtsinhaber mit Gegenkandidat werden
Sollte der SPD-Vorstand am kommenden Montag tatsächlich beschließen, Schwan wieder ins Rennen zu schicken, wäre Köhler zugleich der erste amtierende Bundespräsident in der Geschichte der Bundesrepublik, der sich einem Gegenkandidaten stellen müsste. Es wäre sogar dieselbe Gegenkandidatin wie bei seiner Wahl im Jahr 2004. Schwan war damals in der Bundesversammlung nur knapp Köhler unterlegen, der von CDU und FDP unterstützt wurde. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, die SPD habe «als gestaltende, als traditionsreiche und auch als verantwortungsbewusste Volkspartei» selbstverständlich das Recht, ihre eigene Position in der Bundesversammlung zu bestimmen. Der stellvertretende SPD-Chef Frank-Walter Steinmeier hält laut «Stuttgarter Nachrichten» eine eigene SPD-Kandidatur ebenfalls für durchaus denkbar.
Stegner und Kraft unterstützen Schwan
Die SPD-Landesvorsitzenden von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, Ralf Stegner und Hannelore Kraft, setzten sich einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» zufolge für Schwan als SPD-Kandidatin ein. Nach Angaben führender SPD-Politiker ist im SPD-Vorstand eine Mehrheit für Schwan. Die FDP bekräftigte dagegen ihre Unterstützung für eine zweite Amtszeit Amtszeit Köhlers und rief SPD und Grüne auf, sich ebenfalls hinter ihn zu stellen. «Wir appellieren an SPD und Grüne, das Taktieren jetzt zu beenden», erklärte Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle.
Grüne und Linke wollen Bayern-Wahl abwarten
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte, Westerwelle solle sich mit ungebetenen Ratschlägen zurückhalten. Die Fraktionsvorsitzende er Partei Renate Künast sagte in Osnabrück, man werde sich erst nach der Bayern-Wahl festlegen. Auch die Linke will sich ihre Entscheidung bis nach der Bayern-Wahl offenhalten. Sie habe Köhlers Ankündigung «mit Respekt» zur Kenntnis genommen, erklärte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Bartsch hatte kürzlich bereits Sympathien für eine mögliche SPD-Kandidatin Schwan erkennen lassen. (dpa/AP)