Union uneinig über Islam-Rolle
Die Union ist sich über die Bedeutung des Islams in Deutschland nicht einig. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) unterstützte den neuen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), für den der Islam aus historischer Sicht nicht zu Deutschland gehört.
Berlin Friedrich hatte damit einer früheren Bemerkung von Bundespräsident Christian Wulff widersprochen. Der CDU-Politiker und Vorsitzende des Bundestagsausschusses des Auswärtigen, Ruprecht Polenz, dagegen verteidigte Wulffs Aussage.
Kauder sagte der "Passauer Neuen Presse" (Samstag), zwar gehörten die Muslime zu Deutschland. Aber: "Der Islam hat unsere Gesellschaft nicht geprägt und prägt sie auch heute nicht. Der Islam gehört damit nicht zu Deutschland." Ähnlich äußerte sich sein Fraktionskollege, der Innenausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU), bei "Spiegel-TV": "Natürlich ist der Islam ein starker Teil der Realität in unserem Land, aber dass er zur Identität unseres Landes gehört, würde ich auch nicht sagen."
Dem hielt Polenz in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) entgegen: "Es passt nicht, wenn man sagt, eine Weltreligion gehöre nicht zu Deutschland." Andernfalls müssten vier Millionen Muslime das Gefühl haben, ihre Religion sei nicht offiziell anerkannt. Nach dem Grundgesetz bestehe aber eine wohlwollende Neutralität des Staats zu den Religionen. Wulff habe mit seiner richtigen Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, auch keineswegs behauptet, der Islam habe das Land ähnlich stark geprägt wie das Christentum.
Der nordrhein-westfälische Arbeits- und Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) warf dem neuen Innenminister in der "Rheinischen Post" (Samstag) vor: "Friedrich behindert mit seinen Äußerungen die Integration."
Auch die Kritik muslimischer Verbände hält an. Friedrich habe die Islamkonferenz, für die er zuständig ist, als Schau-Veranstaltung in Verruf gebracht, sagte der Vorsitzende des deutschen Islamrats, Ali Kizilkaya, der "Bild"-Zeitung (Samstag). "Die Kanzlerin muss klarstellen, ob Muslime dazugehören oder nicht", forderte er.
Man wolle auch mit dem neuen Innenminister zu Dialog und Lösungen kommen, sagte der Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, dem Blatt. Aber: "Wenn der Innenminister den Streit sucht, wird er ihn bekommen."