"Und er bereut nichts" Früherer RAF-Terrorist Klar kommt frei
Nach 26 Jahren kommt der Ex-RAF-Terrorist Christian Klar auf Bewährung aus dem Gefängnis. Bis heute schweigt er zu seinen Taten. Bayern kritsiert die voerzeitige Freilassung des 56-Jährigen.
Er wurde wegen neunfachen Mordes und elffachen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Jetzt kommt der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar nach 26 Jahren frei. Der 56-Jährige wird am 3. Januar entlassen, die Reststrafe von fünf Jahren zur Bewährung ausgesetzt.
Die bayerische Staatsregierung kritisiert die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart. Innenminister Joachim Herrmann nannte das Urteil „völlig unverständlich“, der Normalbürger verstehe nicht, dass eine fünfmal lebenslängliche Strafe nach 26 Jahren abgegolten sei. Justizministerin Beate Merk sagte, den Angehörigen müsse die Freilassung „schwer zu schaffen machen“. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, reagierte mit „tiefer Bitternis“. Jürgen Vietor, Co-Pilot der von den Terroristen entführten Flugzeugs „Landshut“, will sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben. „Die Freilassung verhöhnt alle Opfer der RAF“, sagt Vietor.
Auch das Gericht sieht in Klars Weigerung, sich zu distanzieren, eine „schwere Belastung für die Opfer“. Für die juristisch alleine entscheidende Frage, ob von ihm noch eine Gefahr ausgehe, sei das aber nicht ausschlaggebend.
Christian Klar gilt als der Täter, der neben Brigitte Mohnhaupt die Schüsse auf Jürgen Ponto abgegeben hat, außerdem war er an der Ermordung von Siegfried Buback und Hanns Martin Schleyer beteiligt. Zu seinen Taten hat Klar stets geschwiegen.
Klar wurde zu sechs Mal lebenslänglich mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt. In Deutschland werden lebenslange Strafen – anders als in den USA – nicht addiert, statt dessen wird eine Gesamtstrafe festgelegt. Frühestens nach 15 Jahren – bei besonderer Schwere der Schuld erst später – wird geprüft, ob der Verurteilte noch gefährlich ist oder ob der Rest der Strafe auf Bewährung ausgesetzt werden kann. Bei Klar wurde eine Mindesthaftdauer von 26 Jahren festgesetzt – die endet im Januar. Sachverständige, die Bundesanwaltschaft und nun auch das Gericht sehen bei Klar keine „fortdauernde Gefährlichkeit“ – deswegen kommt er raus.
Auch der Freiburger Kriminologe Helmut Kury, der über Klar 2006 ein Gutachten erstellt hat und dafür mit ihm sprach, hält Klar für ungefährlich. „Die Wahrscheinlichkeit, das er noch mal straffällig wird, ist sehr, sehr niedrig.“
Reue zeigt Klar deswegen noch lange nicht. 2001 sagte er in einem TV-Interview: „In dem politischen Raum, vor dem Hintergrund von unserem Kampf sind das keine Begriffe.“ In seinem Gnadengesuch von 2003 hieß es: „Selbstverständlich muss ich eine Schuld anerkennen. Ich verstehe die Gefühle der Opfer und bedaure das Leid dieser Menschen.“ Entschuldigt hat sich Klar nie. Bei seinem Gnadengesuch 2007 beharrte er darauf, nicht als „Krimineller“ gesehen zu werden. Er sieht sich als „politischer Gefangener“. Gutachter Kury: „Er hat nichts oder wenig bereut. Würde er sagen, dass das der falsche Weg war, müsste er ja sagen: Ein Großteil meines Lebens ging in die falsche Richtung. “
Klar wird einem Bewährungshelfer unterstellt, muss Wohnsitz und Arbeitsstelle melden. Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, wiederholte sein Angebot, Klar als Praktikanten zu beschäftigen. Klar hatte Ende 2007 gesagt, er wolle „eine Lohnarbeit“ verrichten und „ein legales Leben führen“.
Tina Angerer