Unannehmbar - Die Briten und die EU

"Die Briten sind im Niedergang – an der EU liegt’s nicht." Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt  über den Streit der Briten mit der EU.  
von  Georg Thanscheidt

"Die Briten sind im Niedergang – an der EU liegt’s nicht." Der Vize-Chefredakteur der AZ Georg Thanscheidt  über den Streit der Briten mit der EU.

München - Ein Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union wäre eine Katastrophe. Für Großbritannien, nicht für die EU. Die Europäer würden bestimmt den englischen Humor vermissen, und vielleicht einige Politiker die ausgeprägte Fähigkeit der Briten, Klartext zu reden oder Handtaschen als Verhandlungsargumente einzusetzen. Das wär’s aber schon.

Die Briten blieben dann in ihrer „splendid isolation“ auf der Insel hocken – in einem Land, dem in den letzten 50 Jahren erst die industrielle Basis und in den letzten fünf Jahren auch noch große Teile ihrer Finanzwirtschaft abhanden gekommen sind. Dass das Geburtsland der industriellen Revolution und der angelsächsischen Banker-Tradition so im Niedergang begriffen ist, hat viele Gründe. Die meisten von ihnen haben etwas mit dem Wirken von Camerons Parteifreundin Margaret Thatcher zu tun. Kein einziger mit der Europäischen Integration, die die Briten stets zaghaft, zu zaghaft betrieben haben.

Trotzdem ist die Euroskepsis in England weit verbreitet, ja sie ist fester Bestandteil der Folklore. Davon versucht Cameron, jetzt zu profitieren. Was er als Kritik an Europa formuliert, ist in Wirklichkeit ein unannehmbarer Forderungskatalog an die EU. Denn der Prozess der politischen Union muss fortgeführt werden. Und nicht rückgängig gemacht werden, damit England dabei bleibt. Die Schotten – noch Teil des Vereinigten Königreichs – haben das erkannt. Sie stimmen nächstes Jahr über die Unabhängigkeit von England und den Eintritt in die EU ab.

 

 

 

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