Ukraine-Konflikt: Putin rudert zurück

Moskau – In die verfahrene Lage in der Ukraine hat eine Vermittlungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Bewegung gebracht. Nach einem Gespräch mit dem OSZE-Vorsitzenden Didier Burkhalter in Moskau forderte Russlands Staatschef Wladimir Putin am Mittwoch, das für Sonntag geplante Abspaltungsreferendum im Osten des Landes zu verschieben. In Berlin richtete der aussichtsreiche ukrainische Präsidentschaftskandidat Petro Poroschenko scharfe Worte an die Separatisten.
"Wir rufen die Repräsentanten im Südosten der Ukraine dazu auf, das Referendum zu verschieben, um die notwendigen Bedingungen für einen Dialog zu schaffen", sagte Putin bei einer Pressekonferenz im Kreml. Die prorussischen Separatisten in der ostukrainischen Region Donezk hatten für den 11. Mai eine Abstimmung über eine von ihnen verfasste sogenannte Unabhängigkeitserklärung angesetzt.
Putin sagte weiter, Russland habe seine Truppen von der ukrainischen Ostgrenze abgezogen. "Wir wurden ständig auf Sorgen wegen unserer Truppen nahe der ukrainischen Grenze angesprochen", sagte Putin. "Wir haben sie zurückgezogen." Die NATO hatte Ende April erklärt, dass dort bis zu 40.000 Mann stationiert seien.
Die Mission des Schweizer Bundespräsidenten galt als eine der letzten Chancen, ein Abgleiten der Ukraine in einen Bürgerkrieg zu stoppen. Bei Kämpfen zwischen prorussischen Milizen und ukrainischen Sicherheitskräften waren in den vergangenen Tagen fast 90 Menschen getötet worden. Am Mittwoch wurde von militärischen Erfolgen der Sicherheitskräfte berichtet. In der Hafenstadt Mariupol sei die Belagerung des Rathauses beendet worden. In der Rebellenhochburg Slawjansk wurde weiter gekämpft.
Poroschenko verteidigte die Einsätze der Sicherheitskräfte. "Für Terroristen müssen wir eine Sprache finden, die sie verstehen, und das ist Druck", sagte er. Es sei "unser oberstes Ziel, Recht und Ordnung wiederherzustellen". "Der einzige Weg heraus aus der Krise ist eine Wahl", sagte Poroschenko mit Blick auf die für den 25. Mai geplante Präsidentschaftswahl. Zudem verurteilte er das für Sonntag angestrebte Referendum. Auch die Bundesregierung nannte dieses "rechtswidrig".
Poroschenko äußerte sich nach einem Gespräch mit dem Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, Andreas Schockenhoff (CDU). Weiter standen Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf seinem Programm. Schockenhoff sagte, es müsse "alles getan werden, um die russischen Versuche, die Situation in der Ukraine zu destabilisieren, zu unterbinden". Er erwarte, "dass es im ganzen Land möglich ist, freie und faire Wahlen durchzuführen am 25. Mai".
Der schwerreiche Unternehmer Poroschenko gilt als Favorit für die Wahl. Zu seinen Gunsten verzichtete Boxweltmeister Vitali Klitschko auf eine Kandidatur. Bekannte Kandidaten sind auch die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko, Oleg Tjagnibok von der rechtsextremen Partei Swoboda (Freiheit) und Dmytro Jarosch vom rechtsradikalen Prawy Sektor (Rechter Sektor).
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy unterstützte die Forderung Steinmeiers nach einer zweiten Ukraine-Konferenz in Genf. Der Belgier bedauerte eine "ernsthafte Verschlimmerung" der Lage in der Ostukraine seit der letzten Gesprächsrunde in der Schweiz und warf der Regierung in Moskau vor, die dort gemachten Zusagen nicht erfüllt zu haben. Zur Unterstützung der Ukraine plant die EU demnach eine Hilfsmission zur Reform des zivilen Sicherheitssektors. Die Bundesregierung gab bekannt, dass zur Präsidentschaftswahl weitere 900 OSZE-Beobachter in die Ukraine entsandt werden sollten.