Ukraine-Konflikt dominiert Asem-Gipfel
Mailand - Über US-Präsident Barack Obama und die amerikanischen Sanktionen gegen Moskau sagte Putin in einem Interview, es sei "schwer, ein solches Vorgehen anders als feindselig zu bezeichnen". Partner Russlands sollten einsehen, "dass Erpressungsversuche unvernünftig sind". Putin warnte, Streit der Atommächte habe Folgen für die globale Stabilität.
Am Rande des europäisch-asiatischen Gipfels (Asem) im Mailand kam Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend zu einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zusammen. Die Beratungen dienten der Vorbereitung einer für Freitagmorgen geplanten Spitzenrunde westlicher Politiker um Merkel mit Putin und Poroschenko.
Merkel und Poroschenko äußerten sich nach ihrer Unterredung erneut enttäuscht über die Entwicklung im Osten der Ukraine. "Beide bedauerten, dass vieles noch nicht umgesetzt ist, etwa im Hinblick auf einen vollständigen Waffenstillstand", sagte ein deutscher Regierungssprecher. Genannt wurden zudem die Lokalwahlen in Donezk und Lugansk sowie die Überwachung der russisch-ukrainischen Grenze.
Die ursprünglich im Anschluss an das Treffen Merkels mit Poroschenko geplanten Vorbereitungsverhandlungen mit Putin mussten kurzfristig abgesagt werden, nachdem der Kremlchef verspätet von einem Besuch in Belgrad abgereist war. Ob das Treffen am späten Abend nachgeholt werden würde, war zunächst unklar.
Mit dem Treffen am Freitagmorgen um 08.00 Uhr werden die direkten diplomatischen Bemühungen um einen Frieden in der Ukraine wieder aufgenommen, die mit Putin seit Monaten nur telefonisch laufen. Mit am Tisch sitzen neben Merkel, Putin und Poroschenko der britische Premierminister David Cameron, der französische Präsident François Hollande, Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi und die EU-Spitzen.
Es ist das erste größere Treffen westlicher Politiker mit Putin seit Anfang Juni in der Normandie. Merkel hatte Putin zuletzt im Juli am Rande des Fußball-WM-Finales in Rio de Janeiro getroffen.
Der Westen wirft Russland vor, die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert zu haben und die prorussischen Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen. Als Konsequenz wurden umfangreiche Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängt. Ein russischer Teilabzug aus dem Grenzgebiet zur Ukraine hatte wenige Tage vor dem Mailänder Treffen die Hoffnung auf Entspannung in der schwersten Krise in Europa seit dem Kalten Krieg genährt.
Putin sagte in einem Interview serbischer Medien, dessen Wortlaut der Kreml vor der Reise nach Mailand veröffentlichte, die USA hätten den Bürgerkrieg in der Ukraine mitverschuldet und wollten nun die Verantwortung dafür Russland in die Schuhe schieben.
Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow forderte den Westen zu einem Ende der Sanktionen auf. "Niemand darf sich auf einen neuen Kalten Krieg einlassen", mahnte der ehemalige Sowjetpräsident, der als einer der "Väter der Deutschen Einheit" gilt, in der Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta" (Donnerstag).
Merkel sagte in einer Regierungserklärung vor ihrer Reise nach Mailand: "Den entscheidenden Beitrag zur Deeskalation muss Russland leisten." Die Sanktionen seien wichtig, aber auch kein Selbstzweck. Bei ihrem Eintreffen in Mailand betonte sie, zur Lösung der Krise müsse der Dialog gesucht werden.
Im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus will Europa die Zusammenarbeit mit Asien verstärken. Es gehe auch darum, wie man "gemeinsam zum Beispiel Dschihadisten ausfindig machen kann", sagte Merkel. Zudem solle die Zusammenarbeit bei großen Katastrophen wie der Seuche Ebola geredet werden. Die Krankheit sei "eine wirkliche Heimsuchung für die Menschen in Westafrika". Nun müsse überlegt werden: "Wie können wir hier gemeinsam helfen?"
An dem Asem-Treffen nehmen bis Freitag rund insgesamt 50 hochrangige Politiker aus Europa und Asien teil. In Mailand soll über Chancen für eine stärkere Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen sowie angesichts der Proteste für mehr Demokratie in Hongkong über die internationale Geltung des Völkerrechts gesprochen werden.