Ukraine: Die heimlichen Herrscher

Machtkampf in der Ukraine: Einige wenige Oligarchen halten das Land fest in der Hand – wer sie sind und was sie wollen
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Das Anwesen von Viktor Janukowitsch: Auch er gehört zu den Oligarchen.
Genya Savilov/AFP Das Anwesen von Viktor Janukowitsch: Auch er gehört zu den Oligarchen.

Machtkampf in der Ukraine: Einige wenige Oligarchen halten das Land fest in der Hand – wer sie sind und was sie wollen

Kiew - Kaum ein Land der Welt ist so sehr in der Hand einiger weniger Superreicher wie die Ukraine. Jene Oligarchen haben bisher den alten Herrscher Viktor Janukowitsch unterstützt – jetzt, nach dem Umsturz, werden die Karten neu gemischt. Ein Überblick über die heimlichen Herrscher.

Nur wenige Länder auf der Welt sind korrupter als die Ukraine: Platz 142 auf dem Index von Transparency International, gerade noch vor Afghanistan oder Somalia. Vor allem aber gibt es kaum ein Land, wo so wenige ein so großes Stück des Kuchens kontrollieren: Das Kapital der 100 reichsten Ukrainer entspricht 37,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Russland – wo Oligarchen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen – sind es nur 24 Prozent, in den USA 6,6 Prozent.

Entsprechend mächtig sind sie in der Politik. Der Wichtigste, so eine kundige Aufstellung der „Zeit“, ist Rinat Achmetow. Der Stahl- und Kohlebaron aus dem ostukrainischen Donezk-Becken besitzt 16 Milliarden Euro. Sportfans ist er als Sponsor des Champions-League-Clubs Schachtjor Donezk bekannt. In London kaufte er sich eine Wohnung für 165 Millionen Euro – Rekord selbst in der teuren britischen Hauptstadt. Achmetow kontrolliert mindestens 40 Abgeordnete im ukrainischen Parlament, außerdem gehört ihm der zweitwichtigste Fernseh-Sender.

Der wichtigste Sender wiederum ist im Besitz des zweitwichtigsten Oligarchen: Dmitri Firtasch, der Gaskönig, der als Zwischenhändler zwischen rohstoffreichen einerseits und finanzstarken Ländern anderseits sein Vermögen gemacht hat. Auf ihn hören ebenfalls 40 Abgeordnete. Offiziell hat er lange Janukowitsch unterstützt, in den letzten Wochen wurde aber bereits über Zuwendungen an Vitali Klitschkos Partei Udar gemunkelt – um sich für einen Machtwechsel abzusichern.

Milliarden sind im Ausland geparkt

Offen auf die Seite der Opposition hat sich schon vor dem Umsturz der dritte große Oligarch gestellt: Pjotr Poroschenko. Der wendige Unternehmer ist mit Schokolade und Pralinen großgeworden, hat sein Portfolio zuletzt vor allem um Banken erweitert.

Als nächstes kommt die „Familie“, der Zirkel um Viktor Janukowitsch. In seiner ersten Amtszeit begnügte er sich mit einer Rolle als – sicherlich gut vergüteter – Interessenwahrer der Oligarchen. Als er dann 2004 schonmal von einer Revolution aus dem Amt gespült wurde, musste er leidvoll feststellen, wie schnell die Tycoons ihn fallenließen. Also mischte er beim nächsten Anlauf selber mit, vor allem über seinen Sohn Oleksandr. Die meisten Staatsaufträge gingen nur noch an dessen Firmen, das Familienvermögen erreicht mittlerweile angeblich eine halbe Milliarde Euro.

Geparkt haben die heimlichen Herrscher ihr Geld vor allem in der Schweiz, Liechtenstein und Zypern. Polen fordert bereits, ihr Auslandsvermögen einzufrieren. Und verweist darauf, dass man die Milliarden gut brauchen könnte, um die drohende Pleite des Landes abzuwenden. Juristisch wird das allerdings nicht ganz einfach.

Spannend wird auch, wie sich die Oligarchen politisch positionieren. Auch sie hatten sich am Schluss von Janukowitsch losgesagt, weil sie um ihre Geschäfte fürchteten. Doch eine Unterstützung für die neuen Kräfte ist heikel: Denn der Protest der Bürger richtete sich gerade auch gegen Korruption und Strippenzieherei.

 

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