Udes Jungfernrede im Landtag
Der Spitzenkandidat der SPD redet sich da, wo er bald sein will, schon mal warm – als Laudator bei einer Preisverleihung.
MÜNCHEN - Diesmal waren die Roten eindeutig in der Überzahl. „So viele SPDler waren hier noch nie herinnen”, ließ sich dann auch Hans Well von der Biermösl Blosn nicht nehmen zu sagen. Vor allem einer hatte am Sonntag bei der Verleihung des Wilhelm-Hoegner-Preises an den SZ-Journalisten Heribert Prantl (siehe unten) eine besondere Premiere: Zweimal war OB Christian Ude zwar schon Laudator für diesen Preis, der im Gedenken an der einzigen SPD-Ministerpräsidenten Bayerns nach 1945 verliehen wird. Doch noch nie hatte Ude im Plenarsaal des Landtags gesprochen.
Markus Rinderspacher, der Chef der SPD-Landtagsfraktion, versprach vollmundig, dass es bei der „vorgezogenen Jungfernrede” nicht bleiben werde: „Weitere Reden werden in Form von Regierungserklärungen ab 2013 folgen.”
Die Zuhörer waren jedenfalls hochkarätiger, als das sonst hier üblich ist: Die bayerische SPD hatte ihre Prominenz geladen, darunter HansJochen Vogel, Franz Maget und Alt-OB Georg Kronawitter, mit dabei waren auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, und die Kabarettisten Dieter Hildebrandt und Michael Lerchenberg.
Die Biermösl Blosn hatte sich nach der Ankündigung ihrer Trennung für Prantl dennoch zusammengefunden. „Schön, dass sie vom Rücktritt zurückgetreten sind”, sagte Rinderspacher, auch das käme in der Politik ja vor.
Beunruhigen hat sich Ude von dem hohen Haus nicht lassen. Er erinnerte 65 Jahre nach Inkrafttreten der bayerischen Verfassung an Hoegner als einen ihrer Väter. Und er zitierte Franz Maget, der bei einer seiner Spitzenkandidaturen darauf hingewiesen hat, dass in eben dieser bayerischen Verfassung mitnichten festgeschrieben steht, dass die SPD keinen Ministerpräsidenten stellen könne. Der Nächste, der das beweisen kann, will Ude 2013 dann selbst sein.
Heribert Prantl mit dem Wilhelm-Hoegner-Preis geehrt
Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat ihn den „dritten Senat des Bundesverfassungsgerichts” genannt. Laudator Christian Ude nannte ihn das „verfassungspolitische Gewissen” unseres Landes. 1988 wurde Heribert Prantl Redakteur der „Süddeutschen Zeitung”, heute ist er Leiter des Ressorts Innenpolitik und Mitglied der Chefredaktion – und seit Jahren einer der führenden Leitartikler Deutschlands.
Der Volljurist Prantl, so sagte Ude, sei anders als viele seiner Jura-Kollegen nie „Paragrafenreiter” gewesen, er habe immer das Wesentliche im Blick, nämlich „in welcher Verfassung das Land tatsächlich ist.” Ude hob heraus, dass Prantl in den 90ern in einer Stimmung, in der Ausländerfeindlichkeit immer salonfähiger wurde, beharrlich gegengesteuert habe. Und dass Prantl seine Stimme gegen die Entfesselung der Märkte erhoben habe – und zwar nicht erst seit der Bankenkrise, sondern schon seit zwei Jahrzehnten.