Türkei-Syrien: Explosive Fracht
Nach dem Fall mit dem Flugzeug wird die Lage immer gefährlicher – Putin sagt Besuch ab
Ankara - Die Lage wird immer brenzliger. Nach dem Zwischenfall mit dem zum Landen gezwungenen Flugzeug hat sich der Konflikt zwischen Syrien und der Türkei nochmal erhitzt. Aber er geht nun auch über die beiden Länder hinaus und könnte eine ähnliche Konfrontation wie im Kalten Krieg auslösen: Denn die Nato steht hinter der Türkei und Russland hinter Syrien. Russlands Präsident Putin sagte gestern demonstrativ eine Reise nach Ankara am kommenden Montag ab.
Am Mittwoch abend hatte die türkische Luftwaffe eine aus Moskau kommende syrischen Linienflug zur Landung in Ankara gezwungen. Man habe Hinweise auf eine „nicht-zivile Fracht“ gehabt, sagten türkische Behörden. Die Tipps stammten vermutlich von US-Geheimdiensten.
Teile der Fracht, die für das syrische Verteidigungsministerium bestimmt war, wurden beschlagnahmt. Laut türkischen Medien wurde tatsächlich 300 Kilogramm Waffenmaterial gefunden: Raketenbauteile und Kommunikationssysteme. Außenminister Ahmet Davutoglu: „Wir sind entschlossen, Waffenlieferungen an ein Regime zu kontrollieren, das brutale Massaker an der Zivilbevölkerung verübt.“ Nach mehreren Stunden durfte die Maschine mit ihren 37 Passagieren weiterfliegen.
Die Nato will notfalls eingreifen
Syrien beschuldigte die Türkei der „Luftpiraterie“. Aus Angst vor Vergeltung fliegt nun aktuell kein türkisches Flugzeug mehr über syrisches Hoheitsgebiet.
Auch Moskau reagierte extrem verschnupft. Das Außenministerium forderte Ankara auf, die erzwungene Landung zu erklären. Das Leben der 17 russischen Passagiere sei gefährdet gewesen. Und bei der Durchsuchung sei auch Diplomatengepäck geöffnet worden. Moskau dementierte, dass sich Waffen in der Lieferung befunden hätten. Zwar sei in der Tat „die militärische Zusammenarbeit mit Syrien nicht beendet“, so ein Vertreter der Rüstungsindustrie. Aber das geschehe „nach der üblichen Praxis und nicht unter Nutzung eines Passagierflugzeugs“. Die USA versuchen allerdings schon länger, das geltende Waffenembargo gegen Syrien durchzusetzen. Im Juni etwa zwangen sie ein Schiff zur Umkehr. Auch die Zwangslandung des Flugzeugs dürfte mit Washington abgestimmt gewesen sein.
Die Nato hatte erst vor wenigen Tagen deutlich signalisiert, dass sie bei einer weiteren Eskalation auf Seiten der Türkei eingreifen wird. „Wir haben alle notwendigen Pläne bereitliegen“, so Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen. Die Stimmung zwischen Syrien und der Türkei ist massiv angespannt. In den letzten Tagen hatte sie sich noch verschärft. Immer wieder schlagen syrische Granaten in der Türkei ein, diese schießt zurück.