Türkei-Streit kocht in der Koalition wieder hoch

CSU-Politiker nutzen Westerwelles erste Türkei-Reise als Außenminister, um ihre Haltung gegen einen EU-Beitritt des Landes zu betonen. Dass der FDP-Chef den Türken Hoffnungen macht, bringt die Christsozialen auf.
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Guido Westerwelle in Ankara
dpa Guido Westerwelle in Ankara

BERLIN - CSU-Politiker nutzen Westerwelles erste Türkei-Reise als Außenminister, um ihre Haltung gegen einen EU-Beitritt des Landes zu betonen. Dass der FDP-Chef den Türken Hoffnungen macht, bringt die Christsozialen auf.

Die schwelende Debatte über einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union in der schwarz-gelben Koalition ist neu entbrannt. Politiker der CSU attackierten am Freitag den Bundesaußenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle, der derzeit die Türkei besucht und dort klargestellt hatte, dass die Beitrittsverhandlungen ergebnisoffen geführt würden. «Ich verstehe nicht, was der Außenminister in der Türkei macht», konterte Markus Ferber, Chef der CSU-Europagruppe im EU-Parlament, daraufhin auf «Spiegel Online». Man solle dort nichts versprechen, sondern «fordern, dass das von den Türken Versprochene mal eingelöst wird», sagte Ferber. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte im ARD-«Morgenmagazin»: «Bei dieser Debatte muss es in erster Linie um die deutschen und die EU-Interessen gehen. Wir haben die Überzeugung, dass eine Vollmitgliedschaft der Türkei nicht möglich ist.» Das müsse man der Türkei fairerweise sagen. Westerwelle hatte am Donnerstag der Türkei versichert, dass sich die Bundesregierung in den EU-Beitrittsverhandlungen nicht querstellen wird. Die Gespräche würden wie vereinbart ergebnisoffen geführt, sagte der Außenminister bei seinem Antrittsbesuch in der Türkei. «Wir sind zuverlässige Vertragspartner.» Auf Fragen nach der skeptischen Haltung der Union zu einem EU-Beitritt der Türkei betonte Westerwelle, dass er für die ganze Bundesregierung spreche: «Ich bin hier nicht als Tourist in kurzen Hosen unterwegs.» Die CSU zeigte sich zum Abschluss ihrer Winterklausur in Wildbad Kreuth in dieser Sache unnachgiebig. Einen Grund zum Einlenken gebe es nicht, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. «Das ist unsere Meinung, die wir haben. (...) Wenn Herr Westerwelle eine andere hat, ist das auch sein Recht.» Es gebe deshalb auch «keine Wogen zu glätten». Die CSU will eine «privilegierte Partnerschaft» mit der Türkei statt einer EU-Mitgliedschaft.

Christdemokrat stärkt Westerwelle den Rücken

Dagegen erklärte Westerwelle selbst in Istanbul, eine engere Anbindung der Türkei an die Europäische Union liege «in nationalem wohlverstandenen deutschen Interesse». Was die CSU aufführe, sei Innenpolitik. «Das hat mit Außenpolitik nichts zu tun», sagte der Vize-Kanzler am zweiten Tag seines Türkei-Besuchs. Unterstützung erhielt er vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, dem CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Er nahm Westerwelle mit den Worten in Schutz, der Außenminister habe bei seinem Türkei-Besuch die deutsche Haltung zum EU-Beitritt des Landes auf der Basis des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und FDP erläutert. Westerwelle hatte in Ankara auf den Koalitionsvertrag verwiesen, wonach die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei «ergebnisoffen» geführt würden. Der FDP-Chef fügte hinzu: «Wer Arbeitsplätze schaffen will, ist gut beraten, mit einem so aufstrebenden dynamischen Land wie der Türkei gut zusammenzuarbeiten.»

Westerwelle sieht noch «eine Menge Arbeit»

Der Außenminister äußerte sich wohlwollend über den Kurs der Türkei Richtung Europa. Es sei im Interesse Deutschlands, dass die Türkei nicht abdrifte, sondern sich reformiere und sich weiter Richtung EU orientiere. Westerwelle hob aber zugleich hervor, dass aufseiten der Türkei und der EU «noch eine Menge Arbeit zu leisten» sei. Position für Westerwelle ergriff auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth. Zugleich ging sie mit der CSU hart zu Gericht. Der Außenminister habe in der Türkei «vernünftig und mit Weitblick agiert», sagte Roth in Berlin. Die Türkei brauche die Beitrittsperspektive für die EU. Der CSU sprach sie außenpolitische Kompetenz ab. «Der Versuch der CSU und ihres Generalsekretärs Dobrindt, dem eigenen Außenminister von Wildbad Kreuth aus in den Rücken zu fallen, zeigt, dass diese Partei nur noch Störfeuer kann und kein ernstzunehmender Faktor in der deutschen Außenpolitik mehr ist.» (APD/dpa)

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