Tsipras spricht mit Juncker über Schuldenentlastung

Die neue griechische Regierung wirbt für ihren Kurs im Schuldendrama. Den Begriff "Schuldenschnitt" will Finanzminister Varoufakis vermeiden. An einer deutlichen Entlastung hält Athen aber fest. Nun kommt sein Chef Alexis Tsipras nach Brüssel.
Brüssel – Der neue griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker über eine weitere Schuldenentlastung für sein krisengeschütteltes Land gesprochen. Die Zeit drängt, denn das internationale Rettungsprogramm zum Verhindern einer Staatspleite läuft auf europäischer Seite Ende des Monats aus.
Der linksgerichtete Tsipras wollte am Vormittag in Brüssel auch mit EU-Ratspräsident Donald Tusk zusammenkommen. Tusk führt die EU-Gipfel und bereitet diese auch vor. Pressekonferenzen sind weder nach dem Treffen mit Juncker noch mit Tusk geplant.
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Juncker hatte am Dienstag Gesprächsbereitschaft gegenüber der neuen griechischen Links-Rechts-Regierung signalisiert, gleichzeitig aber gewarnt, in Europa sei nicht alles änderbar wegen eines einzigen Wahlresultats.
In Brüssel wird laut Diplomaten darauf gewartet, dass die Athener Regierung aus Linkspartei und Rechtspopulisten einen detaillierten Plan für das weitere Vorgehen präsentiert. Ein harter Schuldenschnitt, von dem Athen selbst inzwischen abrückt, wird von den Europartnern zurückgewiesen.
Tsipras ist derzeit wie sein Finanzminister Gianis Varoufakis auf einer "Road Show" in Europa unterwegs, um für einen veränderten Umgang mit der griechischen Schuldenkrise zu werben. Zuletzt waren die Töne versöhnlicher geworden. "Es gibt schon zu viele Risse in Europa, um neue entstehen zu lassen", sagte Tsipras am Dienstag in Rom. Zuvor war schon sein Finanzminister in einem Interview von der Forderung nach einem Schuldenschnitt abgerückt.
Die griechische Regierung drückt aufs Tempo, um zu einer Lösung im Schuldenstreit zu kommen, denn Ende Februar läuft das internationale Hilfsprogramm aus - und ohne eine Verlängerung wäre das hoch verschuldete Land sehr schnell knapp bei Kasse. Am Mittwoch trifft Varoufakis nun auch den obersten Euro-Währungshüter EZB-Präsident Mario Draghi, am Donnerstag in Berlin Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Nach einem Treffen mit Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi sagte Tsipras: "Wir sind natürlich offen für Vorschläge von anderen Partnern für alternative Wege." Man müsse es allerdings schaffen, aus der Sackgasse zu entkommen, in der das Land stecke.
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Nach Varoufakis' Worten denkt die Athener Regierung an eine Vorschlagsliste von Umschuldungsmaßnahmen statt des Schuldenerlasses auf einen Schlag. Varoufakis schlug in dem Interview vor, Finanzhilfen der europäischen Partner durch Papiere zu ersetzen, die an das Wirtschaftswachstum des Mittelmeerlandes gekoppelt sind. Griechenland-Bonds, die die Europäische Zentralbank gekauft hatte, sollten durch Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ersetzt werden. Zudem wolle Athen die Steuerhinterziehung hart bekämpfen und reiche Griechen schärfer besteuern.
Varoufakis appellierte an die Europartner, gemeinsam eine Lösung zu finden: "Man kann es schaffen. Unter der Bedingung, dass wir uns in Europa alle beruhigen", sagte er nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Pier Carlo Padoan. "Es ist ein Einverständnis notwendig, das uns Zeit gibt, etwa einen Monat oder sechs Wochen, ab Ende Februar, um eine Einigung zu finden, die dann ab dem 1. Juni umgesetzt wird. Unsere Krise wird enden."
Griechenland hat Staatsschulden in Höhe von etwa 320 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird der Schuldenberg Athens knapp 169 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, erlaubt sind höchstens 60 Prozent. Vor drei Jahren hatten Privatgläubiger wie Banken bereits einen Schuldenschnitt von 50 Prozent hinnehmen müssen.