Trumps Anwälte verstricken sich in Verschwörungstheorien

Kommunisten, der 2013 verstorbene Präsident von Venezuela, böswillige Software: Die Anwälte von Präsident Trump werfen mit abenteuerlichen Gründen für seine Wahlniederlage um sich. Ihnen läuft die Zeit davon - und Niederlagen vor Gericht häufen sich.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
2  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Rudy Giuliani, der ehemalige Bürgermeister von New York und ein Anwalt von US-Präsident Trump.
Rudy Giuliani, der ehemalige Bürgermeister von New York und ein Anwalt von US-Präsident Trump. © Jacquelyn Martin/AP/dpa
Washington

Die Anwälte von Donald Trump tauchen in ihren Attacken gegen den Ausgang der verlorenen Präsidentenwahl immer tiefer in Verschwörungstheorien ab. Sie behaupten unter anderem, die Demokraten hätten die Wahl mit Hilfe von Kommunisten aus Venezuela manipuliert.

Außerdem beharren sie auf den mehrfach widerlegten Vorwürfen, bei der Auszählung verwendete Software habe Stimmen für Präsident Trump zugunsten seines siegreichen Herausforderers Joe Biden umgewandelt.

Zugleich verlor die Trump-Seite allein am Donnerstag in Verfahren vor Gerichten in den Bundesstaaten Georgia, Pennsylvania und Arizona. In Georgia dürfte am Freitag der Wahlsieg Bidens in dem Bundesstaat durch die amtliche Bestätigung der Ergebnisse besiegelt werden. Bisher sammelte die Trump-Seite mehr als 30 Schlappen vor Gericht ein, mit einem kleinen Erfolg. Trumps langjähriger Anwalt und Vertrauter Rudy Giuliani, stellte weitere Klagen in Aussicht.

Biden nannte Trumps Blockadehaltung "völlig unverantwortlich". Seine Weigerung, das Ergebnis der Wahl vom 3. November anzuerkennen, schade dem Ansehen der Demokratie. Mit Blick auf Trumps Bemühungen, das Wahlergebnis zu untergraben, sagte Biden, dieser komme als der "unverantwortlichste Präsident" Amerikas in die Geschichtsbücher.

Trumps Anwaltsteam erklärte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag zugleich, man könne Journalisten angesichts anstehender Verfahren keine Beweise für die Behauptungen präsentieren. Außerdem wollten wichtige Zeugen nicht vor die breite Öffentlichkeit treten. Das hinderte Giuliani nicht daran, zu sagen: "Wir können nicht zulassen, dass diese Gauner die Wahl von den Amerikanern stehlen. Sie haben Donald Trump gewählt. Sie haben nicht Joe Biden gewählt." Alle Wahlbehörden bestätigten bisher, dass es keine Wahlfälschung gab - oder größere Fehler, die das Wahlergebnis in Frage stellen könnten.

Giuliani behauptete dennoch, er könne beweisen, dass Trump den wichtigen Bundesstaat Pennsylvania in Wirklichkeit nicht verloren, sondern mit einem Vorsprung von 300.000 Stimmen gewonnen habe, und Michigan mit 50.000 Stimmen. Unter anderem seien Stimmzettel mehrfach eingescannt worden. Giulianis Erklärung: "Ich denke, es ist eine logische Schlussfolgerung, dass es einen gemeinsamen Plan gab, der direkt von der Demokratischen Parten und ihrem Kandidaten ausging." Auch dazu gab es keine Beweise. Giuliani war einst selbst Staatsanwalt und später Bürgermeister von New York.

Anwältin Sidney Powell ging noch weiter: "Womit wir es hier wirklich zu tun haben, ist ein massiver Einfluss kommunistischen Geldes über Venezuela, Kuba und vermutlich China für die Einmischung in unsere Wahl." Sie behauptete auch, der 2013 verstorbene venezolanische Präsident Hugo Chavez habe Hintertüren in die Software einbauen lassen, die bei der Auszählung der Stimmen verwendet wurde. Angeblich sei es dadurch möglich gewesen, dass eine für Biden abgegebene Stimme 1,25 Stimmen wert gewesen sei. Die Software wurde nur beim Einscannen von Stimmzetteln verwendet. Die Wahlbehörden betonen, dass es für jede abgegebene Stimme einen Papierbeleg gebe.

Der von Trump jüngst gefeuerte Christopher Krebs, der als ranghoher Regierungsbeamter für die Absicherung der Wahlen zuständig war, bezeichnete die Pressekonferenz bei Twitter als "die gefährlichsten 1:45 Stunden TV in der Geschichte Amerikas". "Und vermutlich die verrücktesten", fügte er hinzu.

Die Ergebnisse in einzelnen Bundesstaaten sind der Schlüssel zum Sieg bei einer Präsidentenwahl. Das Staatsoberhaupt wird nicht vom Volk direkt gewählt, sondern von Wahlleuten, die ihre Stimmen gemäß den Ergebnissen in ihrem Bundesstaat abgeben. Der Demokrat Biden hat nach Berechnungen von US-Medien 306 Wahlleute hinter sich, für die Wahl zum Präsidenten benötigt er 270. Trump kommt auf 232 Wahlleute. Pennsylvania ist ein besonders wertvoller Bundesstaat mit 20 Wahlleuten, Georgia bringt 16 Stimmen und Wisconsin 10.

In Pennsylvania fordert die Trump-Seite unter der Regie seines langjährigen persönlichen Anwalts und Vertrauten Rudy Giuliani in einer schon zum zweiten Mal überarbeiteten Klage, das Wahlergebnis in dem Bundesstaat komplett nicht zu bestätigen. Stattdessen solle das örtliche Parlament - in dem Republikaner die Mehrheit haben - die Wahlleute ernennen. Das Ziel: Diese ernannten Wahlleute sollen am 14. Dezember nicht für den Wahlsieger Biden, sondern für Trump stimmen.

In Michigan hat Trump einen ähnlichen Plan. Er lud republikanische Mitglieder des Parlaments des Bundesstaates zu sich ins Weiße Haus ein. Der Rechtsexperte Lawrence Tribe warnte im TV-Sender CNN, dass ein solches Treffen widerrechtlich sein könnte.

Abgeschlossen ist inzwischen die manuelle Überprüfung der Stimmen in Georgia. Dort lag Biden vor Beginn der Neuauszählung mit rund 14 000 Stimmen vorn. Nun schrumpfte das Plus auf 12 284 Stimmen. Das war bereits erwartet worden: Schon vor einigen Tagen wurde festgestellt, dass Wahlkommissionen in zwei von Republikanern beherrschten Bezirken vergessen hatten, mehrere tausend ausgezählte Stimmen in die Rechnung aufzunehmen. Der zuständige Staatssekretär Brad Raffensperger betonte, dass keine Anzeichen für Wahlbetrug gefunden worden seien. Trump kann allerdings immer noch eine Neuauszählung beantragen, weil der Abstand zwischen den Kandidaten unter 0,5 Prozentpunkten liegt.

© dpa-infocom, dpa:201120-99-397596/4

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
2 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Der wahre tscharlie am 20.11.2020 16:37 Uhr / Bewertung:

    Am 10. Juni 2020 hat Lawrence Douglas in einem "Zeit"-Interview schon beschrieben, was passieren könnte, wenn Trump die Wahl verliert.
    Nachzulesen unter dem Titel, "Gewalt ist denkbar, sogar wahrscheinlich".

  • Heinrich H. am 20.11.2020 16:08 Uhr / Bewertung:

    Um es mit den Worten von Giuliani zu sagen: Wir können nicht zulassen das mit Trump, Giuliani und allen diesen Kriminellen Anhänger, noch weitere Lügen über die USA verbreitet werden ! Wacht entlich auf und werft Trump und das ganze Gesindel auf den Abfall der Geschichte...

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.