Trump vs. Biden: Erstes TV-Duell versinkt nahezu im Chaos

Bei der ersten TV-Debatte von Donald Trump und Joe Biden wurde einiges an Streit erwartet - doch das Streitgespräch versank nahezu im Chaos. Der Präsident hatte maßgeblichen Anteil daran.
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Insgesamt wird es drei TV-Duelle zwischen Trump (l.) und Biden geben.
Insgesamt wird es drei TV-Duelle zwischen Trump (l.) und Biden geben. © Patrick Semansky/AP/dpa

ClevelandUS-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden haben sich in ihrer ersten TV-Debatte mit persönlichen Angriffen überzogen und chaotische Wortgefechte geliefert. Vor allem Trump fiel Biden am Dienstag (Ortszeit) in Cleveland (Ohio) immer wieder ins Wort und ließ ihn seine Sätze nicht beenden. Wiederholt sprachen beide Männer gleichzeitig.

Biden bezeichnete Trump zwischenzeitlich als "Rassisten", "Putins Welpen" und "den schlechtesten Präsidenten, den Amerika je hatte". Trump weigerte sich auch vor einem riesigen TV-Publikum zu versprechen, sich nicht vor dem offiziellen Wahlergebnis zum Sieger zu erklären. Biden tat das.

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Chaotisches Gespräch statt geordneter Diskussion

Das Konzept der TV-Debatte war eigentlich, jeweils 15 Minuten lang sechs Themenblöcke zu diskutieren. Der Moderator stellt eine Frage, die Kandidaten haben jeweils zwei Minuten für ihr Statement, danach folgt eine offene Diskussion. Diese Struktur fiel schnell auseinander.

Moderator Chris Wallace hatte teilweise seine Probleme, die Diskussion in geordneten Bahnen zu halten.
Moderator Chris Wallace hatte teilweise seine Probleme, die Diskussion in geordneten Bahnen zu halten. © Olivier Douliery/Pool AFP/AP/dpa

Trump ließ Biden oft nicht ausreden, der ehemalige Vizepräsident reagierte häufig mit einem ironischen Lächeln und wehrte sich gelegentlich mit leicht resigniertem Ton. "Würden Sie mal die Klappe halten, Mann?", fragte er an einer Stelle. Und: "Es ist schwer, mit diesem Clown auf den Punkt zu kommen." Auch der erfahrene TV-Journalist Chris Wallace als Moderator der Debatte hatte zum Teil große Probleme, Trump zur Ordnung zu rufen.

Bei den Zuschauern kam das Spektakel nicht gut an. Befragt nach ihrem überwiegenden Gefühl beim Anschauen der Debatte antworteten in einer CBS-Blitzumfrage mehr als zwei Drittel (69 Prozent), die Diskussion habe sie vor allem verärgert.

Auch die Corona-Krise wird (natürlich) zum Thema

Als erste Frage wählte Wallace die aktuell laufende Neubesetzung des Posten der verstobenen Richterin Ruth Bader Ginsburg am Obersten Gericht der USA aus. Daraus wurde schnell eine Debatte über das Gesundheitswesen in der USA, weil Biden argumentierte, dass mit der von Trump vorgeschlagenen Richterin Amy Coney Barrett die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama zu Grabe getragen würde. Biden will, dass erst der Sieger der Wahl die Ginsburg-Nachfolge regelt. Trump konterte, er sei immer noch Präsident: "Wir haben die Wahl gewonnen, und wir haben das Recht, das zu machen."

Auch eine zentrale Frage für die USA - der Umgang mit der Corona-Krise - sorgte für Streit. "Er will einen Shutdown dieses Landes, und ich will es offen halten", sagte Trump. Biden konterte, Trump habe sich "völlig unverantwortlich" verhalten und so Tausende von Menschenleben gefährdet. Grenzschließungen, Ventilatoren, Impfbereitschaft, Abstand halten, Masken – die Fernsehdebatte sprang von einem zum anderen Streitthema der Corona-Krise.

Bezeichnete Trump unter anderem als "Clown": US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden.
Bezeichnete Trump unter anderem als "Clown": US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden. © Patrick Semansky/AP/dpa

Biden betonte, dass er als Präsident zum Tragen von Masken ermutigen würde, weil das viele Menschenleben retten könne. Trump warf ein, dass einige den Nutzen von Masken bestreiten. "Keine ernsthafte Person hat das Gegenteil gesagt", konterte Biden. Die Corona-Pandemie hat in den USA bislang mehr als 200.000 Menschen das Leben gekostet.

Biden: Trump ist "Putins Welpe"

Mit dem Vorwurf, dass Trump Kremlchef Wladimir Putin nicht die Stirn biete, preschte Biden im Zusammenhang mit Berichten über angebliche Kopfgelder Russlands auf US-Soldaten in Afghanistan. "Er ist Putins Welpe", sagte Biden. Bestätigt wurden die Berichte bisher nicht.

Trump weigerte sich, sich ausdrücklich von weißen rassistischen Gruppen wie die "Proud Boys" zu verurteilen. "Wen soll ich verurteilen?", fragte er Moderator Wallace. "Proud Boys – haltet euch zurück und haltet Euch bereit", sagte Trump danach ("stand down and stand by"). Der Satz sorgte unter US-Kommentatoren für Stirnrunzeln. Trumps Sohn Donald Trump Jr. sagte nach der Debatte im TV-Sender CBS, dass sein Vater sich wohl versprochen habe.

Donald Trump fiel seinem Konkurrenten oft ins Wort.
Donald Trump fiel seinem Konkurrenten oft ins Wort. © Olivier Douliery/Pool AFP/AP/dpa

Biden nutzte den Wirtschaftsteil der Debatte, um sich direkt an die Wähler zu wenden. In der Corona-Krise sei es Millionären und Milliardären wie Trump gut ergangen, "aber Ihr Leute zuhause, wie geht es Euch?", sagte Biden in die Kamera. Es ist ein klassischer Zug in TV-Debatten in Amerika, seit der damalige Kandidat 1979 die Zuschauer aufrief, darüber nachzudenken, ob es ihnen besser gehe als vor vier Jahren. Trump wiederholte unterdessen, dass er die beste Wirtschaft in der Geschichte des Landes aufgebaut habe.

Ein eher überraschender Moment kam als Trump in der Debatte den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel einräumte – zumindest teilweise. Auf die Frage, ob er glaube, dass Umweltverschmutzung und Treibhausgase zur Erderwärmung beitrügen, sagte der Präsident: "Viele Dinge tun das, aber in einem gewissen Ausmaß: ja." Trump sagte, die Waldbrände an der US-Westküste hätten ihre Ursache auch darin, dass dort anders als in Europa keine ausreichende Forstwirtschaft betrieben werde.

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16 Kommentare
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  • coolwiewas am 30.09.2020 18:18 Uhr / Bewertung:

    Der Präsident Proll wird möglicherweise die USA noch weitere 4 Jahre schädigen. Ich kenne die USA sehr gut und muss leider sagen ein so ungebildetern Plebs gibt in der Masse nur dort. Betet jeden Tag zu Gott das ihr in Europa, in Deutschland leben dürft.

  • Der wahre tscharlie am 01.10.2020 14:57 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von coolwiewas

    Hör mir auf mitm beten. Das wird in dem bigotten Amerika schon zur Genüge getan. Ganz zu Schweigen von den ultrakonservativen Evangelikalen, die in der Regierung immer mehr an Einfluß gewinnen. Pompeo gehört ja auch so einer evangelikalen Vereinigung an und geht angebl. jeden Sonntag zum Beten. Und jetzt soll die Barett auch noch zur höchsten Richterin ernannt werden.

    Sollte Trump Präsident bleiben, wird die Zukunft rückwärtsgewandt sein.

  • Der wahre tscharlie am 30.09.2020 17:03 Uhr / Bewertung:

    Dieses ständige Unterbrechen eines Redners ist der primitivste Trick in einer Debatte. Ersten soll jemand seine Message nicht los werden und dann hofft man noch, ihn aus dem Konzept zu bringen.
    Dieses Durchdrücken der Richterin Amy Coney Barrett ist einfach eine durchschaubare Strategie von Trump. Unabhängig davon, dass Richterin Ginsbergs letzter Wunsch war, der/die Richterin soll nach der Wahl gewählt werden.
    Aber außer seinem narzisstischen Ego, wieder gewählt zu werden, auf Teufel komm raus, interessiert den Nichts!

    Seine Ankündigung, er werde NACH der Wahl die Antifa UND KKK in den USA verbieten, ist in meinen Augen, vorsichtig ausgedrückt, Fake.News. Bzgl. KKK, er wird doch nicht ernsthaft, die verbieten, die ihn wählen grinsen
    Und im Land des eiskalten Kapitalismus wird es keine Gesundheitsreform geben. Da wird nur der richtig behandelt, der Geld auf den Tisch legt. Alles andere wäre, um in Trumps Wortwahl zu bleiben, Sozialismus.

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