Trotz Sex und Korruption: „Papi Silvio“ ist beliebt

Berlusconi wird für sein Lebenswerk geliebt – seine Skandale traten in den Hintergrund. Bislang.
Er prahlt: „Drei Stunden Schlaf genügen mir, dann kann ich wieder drei Stunden amore machen.“ Er zelebriert öffentlich ein Techtelmechtel mit der 18-jährigen Noemi Letizia und lässt sich von ihr „Papi Silvio“ nennen. Er geht in die Schönheitsfarm zum Liften. Und er verklärt sich selbst: „Nur Kaiser Napoleon hat mehr geleistet als ich.“ Redet hier ein Irrer?
Hier redet Silvio Berlusconi (73), Italiens mächtigster Mann, der sich auch für den Potentesten der Republik hält. Drei Viertel der Italiener beurteilt ihn positiv.
Wie kann es sein, dass dieser Polit-Clown so beliebt ist?
Berlusconis Erfolg beginnt in den 60er Jahren: Mit seiner Baufirma lässt er drei Mailänder Vorstädte bauen – und wird so zum Milliardär. Er gründet Fernsehsender, schafft sich ein riesiges Medien-Imperium. Das reicht ihm nicht: Er kauft sich den Fußballclub AC Mailand, die zweitgrößte italienische Kaufhauskette, Versicherungen, Banken, Kinos. Sein Aufstieg erfolgt nicht mit sauberen Mitteln: Schmiergeldzahlungen ans Finanzamt, Richterbestechung, Bilanzfälschung – sogar Drogenhandel und Mafia-Anschläge werden ihm vorgeworfen. Berlusconi entgeht einer Verurteilung, weil er sich in die Politik gerettet hat und Immunität genießt –oder weil Verfahren wegen Verjährung eingestellt werden.
Berlusconi ist es gelungen, nicht nur sein Leben zur Show zu machen, sondern auch die Politik: Seine Partei führt er wie eine Firma. Als Kandidaten für Regierungsämter präsentiert er dralle Blondinen, die sich bislang als Nackt-Stars verdingt haben. Die Italiener lieben Berlusconi dafür: Jahrzehntelang hat die Politik in Italien unter Korruption der Volkspartei „Demokrazia Cristiana“ gelitten, in ihm sehen sie einen Selfmademan, der sich alles selbst erarbeitet hat und nicht auf die Politik angewiesen ist. Von der Opposition im Parlament jedenfalls hat er nichts mehr zu befürchten.
Berlusconi ist gerade zum dritten Mal Ministerpräsident. Es läuft gut für ihn: Italien hat die Finanzkrise besser überstanden als andere Länder, weil die Banken nicht so viel verspekuliert haben. Nach dem schweren Erdbeben in den Abbruzzen hat Berlusconi den Geschädigten schnell geholfen. Da klatschten sie sogar in die Hände, als er ihnen im Auffanglager zurief: „Man muss es eben nehmen wie ein Campingwochenende.“ Berlusconi spricht die Sprache des Volkes, auch darum ist er so beliebt. Und sein Rosenkrieg mit Gattin Veronica Lario macht ihn für viele Italiener menschlich. Dass er sich einen ganzen Harem an Liebesdamen hält, steht dem Imperator in den Augen vieler Italiener zu. Und der Fall Noemi? Das Volk glaubt ihm, als er sagt, er habe das Mädchen „nur zwei-, dreimal gesehen, aber immer mit ihren Eltern“.
Bislang ist Silvio Berlusconi immer davongekommen, wenn es eng für ihn wurde. Wohlgemerkt: bislang.
vth