Trotz Kritik: Wulff feiert schon einmal Weihnachten

O du fröhliche – Bundespräsident Wulff macht weiter als wäre nichts gewesen. Gratulationen, Weihnachtsfeiern – erstmals aber nimmt er am Rande auch persönlich Stellung.
von  dpa

O du fröhliche – Bundespräsident Wulff macht weiter als wäre nichts gewesen. Gratulationen, Weihnachtsfeiern – erstmals aber nimmt er am Rande auch persönlich Stellung. Die Vorwürfe gegen ihn vergleicht er dabei mit dem Aufwirbeln von Staub.

Wittenberg – Größer könnte der Gegensatz kaum sein: Während in Berlin die Vorwürfe gegen Bundespräsident Christian Wulff wegen seines Privatkredits immer lauter werden, begibt sich das Staatsoberhaupt zum Wochenende in eine scheinbar heile Welt. Routiniert nimmt Wulff an Jubiläumsfeiern und der Aufzeichnung einer Weihnachts-Show teil. Erst auf eine Frage der Nachrichtenagentur dpa sagt er bei einem Empfang dann doch erstmals etwas zu der anhaltenden Kritik: „Man muss selber wissen, was man macht. Das muss man verantworten – das kann ich.“ Und ergänzt: Man müsse unterscheiden, „wo ist etwas real und wo ist etwas mit sehr viel Staub aufwirbeln verbunden.“

In der Wittenberger Schlosskirche wird am Samstagabend kein Staub aufgewirbelt. Der immense Druck, der auf dem 52-Jährigen lastet, ist ihm nicht anzusehen. Wie üblich bei der traditionellen Sendung des ZDF liest der Bundespräsident aus der Weihnachtsgeschichte der Bibel vor. „Fürchtet Euch nicht“, sagt Wulff in der Stadt, wo vor rund 500 Jahren Martin Luther moralische Werte neu definierte. Luthers 95 Thesen gegen den Ablasshandel an der großen Kirchentür gaben einst den mächtigen Anstoß zu einer moralischen Kehrtwende. So mächtig, dass er heute noch Religion, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft prägt. Und so bedeutsam, dass sich das historische Gemäuer heute bestens als Fernsehkulisse eignet.

Der Abend in der Schlosskirche ist ganz friedlich. Reich geschmückte Tannenbäume, glitzernde Lichter und mit reiner Stimme singende Kinderchöre prägen den Abend in Wittenberg. Moderatorin Carmen Nebel führt souverän durch das Programm. Über den Köpfen der rund 300 geladenen Gästen und Mitwirkenden schwebt die Fernsehkamera - mit sanften Bewegungen, wie ein Engel. Zum Auftakt singen alle mit: „O du fröhliche“. Der Bundespräsident sitzt mit seiner Gattin Bettina (38) in der ersten Reihe. Als wenn es die Vorwürfe nie gegeben hätte. Am 24. Dezember soll die Sendung im ZDF ausgestrahlt werden.

Auch in Frankfurt hatte sich Wulff zuvor an den Terminplan gehalten. In der schwersten Krise seiner Amtszeit steht er lächelnd zwischen Glühweinständen und Lebkuchenbuden. Auf dem Weg zum Festakt des Deutschen Fechter-Bundes zum 100-jährigen Bestehen bittet ein Bürger um ein Autogramm. Wulff plaudert mit dem Mann. „Bitte schön, alles Gute.“

Lange Zeit hatte Wulff zu dem Vorwurf geschwiegen, noch als Ministerpräsident in Niedersachsen einen Privatkredit von einer halben Million Euro angenommen zu haben. Nur in einer schriftlichen Erklärung lässt er mitteilen, dass ein „falscher Eindruck“ habe entstehen können und er dies bedauere. Zu mehr will sich Wulff erstmal eigentlich nicht äußern. „Jetzt kein Interview“, heißt es in Frankfurt. Und in Wittenberg sagt er in Fernsehkameras: „Ich habe alles dazu gesagt.“ Auch bei einer Veranstaltung am Sonntag in Berlin gibt es für die wartenden Journalisten keine Stellungnahme.

Doch am Samstagabend ist die Atmosphäre entspannt, die Fernseh-Show hat gut geklappt. Wulff sieht sich auf dem Empfang in Wittenberg offensichtlich bestätigt. Niemand protestiert gegen ihn. Die ausgewählten Gäste stoßen mit Sekt an und freuen sich über den hohen Besuch aus Berlin. Wulff trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein, spricht mit Kindern. Er lobt die Stadt und die Kinderchöre. Man könne sich „wunderbar hier mit den Bürgerinnen und Bürgern unterhalten“, sagt Wulff. „Die Bürger freuen sich darüber, wenn man sein Amt ausübt, wahrnimmt, ernst nimmt“, sagt das Staatsoberhaupt.

 

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