Tröglitz: Nazis drohen Landrat mit Enthauptung
Auch nach dem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Tröglitz setzt sich CDU-Landrat Ulrich weiter für die Flüchtlinge ein - und erhält deswegen Mordrohungen per Email.
Tröglitz - Zwei Tage nach dem Anschlag auf ein fast fertiges Flüchtlingsheim in Tröglitz in Sachsen-Anhalt ist weiter unklar, wer das Haus in Brand setzte. Ein rechtsradikaler Hintergrund wird vermutet. Das Feuer war in der Nacht zum Samstag gelegt worden und zerstörte den Dachstuhl.
Vor vier Wochen war bereits der ehrenamtliche Bürgermeister der Stadt, Markus Nierth, wegen Drohungen gegen ihn und seine Familie zurückgetreten. Jetzt berichtet auch der CDU-Landrat Götz Ulrich, der sich für die Flüchtlinge einsetzt, von Morddrohungen.
Wie er dem Fernsehsender n-tv erzählte, wird er hauptsächlich per Email angefeindet: "Wenn ich sehe, was ich heute im Laufe des Tages wieder an E-Mails bekommen habe. Was da für Drohungen ausgesprochen werden, das hat schon einen rechtsextremen Hintergrund." Die einschüchternden Emails gingen sogar so weit, "dass die Methoden der französischen Revolution angedroht werden". Dem Landrat wird demnach mit Enthauptung gedroht.
Nun steht der Landrat unter besonderem Schutz, wie Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Montag der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
Der Landrat ist zuständig für die Unterbringung von Asylbewerbern im Burgenlandkreis. Noch am vergangenen Dienstag hatte der CDU-Politiker auf einer Einwohnerversammlung in Tröglitz über die Pläne für die Asylbewerberunterkunft informiert.
40 Flüchtlinge hätten im Mai in dem Gebäude vorerst ein Zuhause finden sollen. Wann das Gebäude wieder bewohnbar ist, ist unklar. Der Brandanschlag löste große Empörung aus - auch über Deutschland hinaus. Der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland, mahnte, ein solcher Vorfall sollte die Alarmglocken in Europa angehen lassen. "Die Demokratie wird zunehmend bedroht durch rassistischen, fremdenfeindlichen, politischen und religiösen Extremismus."
Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach in der "Welt" von einem "Anschlag auf unseren Rechtsstaat." Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) appellierte in der "Bild am Sonntag": "Wir dürfen beim Kampf gegen Rechtsradikalismus nicht nachlassen." Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), erklärte: "Wir alle müssen den Tätern zeigen, dass sie mit ihrem Hass alleine stehen."
Der evangelische Pfarrer von Tröglitz, Matthias Keilholz, berichtete am Sonntag, dass es eine "große Betroffenheit" unter den Gemeindemitgliedern gebe. In der Begrüßung zum Ostergottesdienst sei er auf den Brandanschlag eingegangen. "Unter dem dunklen Eindruck der Geschehnisse ist es umso wichtiger, Ostern zu feiern und den Mut und die Hoffnung für die Weiterarbeit neu zu gewinnen", fügte er hinzu.
Am Samstagnachmittag hatten bereits mehrere hundert Menschen in dem Ort für ein weltoffenes Tröglitz demonstriert. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nahm daran teil.
Das Internationale Auschwitz Komitee und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, forderten eine Beschleunigung des NPD-Verbotsverfahrens. "Die Partei ist der staatlich subventionierte Nährboden der nationalsozialistischen Ideologie", erklärte Knobloch. Sie reagierte damit nicht nur auf den Anschlag von Tröglitz, sondern auch auf die Beschädigung einer Gedenktafel an der KZ-Gedenkstätte Jonastal in Thüringen durch Unbekannte.