Transrapid-Aus: Beckstein gibt Unternehmen die Schuld

Für Bayerns Ministerpräsident gerät das Ende des Transrapids zum Debakel. Politiker aller Lager halten sich mit Kritik an Beckstein nicht zurück. Der gibt indes den Unternehmen die Schuld am Scheitern des Prestigeprojekts.
von  Abendzeitung

Für Bayerns Ministerpräsident gerät das Ende des Transrapids zum Debakel. Politiker aller Lager halten sich mit Kritik an Beckstein nicht zurück. Der gibt indes den Unternehmen die Schuld am Scheitern des Prestigeprojekts.

Nach dem Aus für den Münchener Transrapid haben sich Politiker gegenseitig die Schuld für das Scheitern der Magnetschwebebahn zugewiesen und zugleich die Rolle der Wirtschaft kritisiert. Unterdessen will Thyssen-Krupp offenbar die Transrapid-Antriebstechnologie an China losschlagen.

Günther Beckstein hat auch aus den eigenen Reihen Vorhaltungen einstecken müssen. «Dem Ministerpräsidenten dürften die neuen Zahlen sehr gelegen gekommen sein. Anders ist die Hals-über-Kopf-Entscheidung nicht erklärbar», sagte der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, der «Süddeutschen Zeitung».

Kritik an Beckstein aus den eigenen Reihen

Beckstein schob die Schuld auf die Wirtschaft. Die Politik müsse sich auf die Kalkulationen der Industrie, die noch im Herbst viel niedriger lagen, verlassen können, sagte der CSU-Politiker der «Passauer Neuen Presse»: «Höchstrangige Wirtschaftsvertreter geben so eine Zusage doch nicht blauäugig ab.» Auch der CDU-Finanzexperte Steffen Kampeter kritisierte die beteiligten Unternehmen, Der «Berliner Zeitung» sagte er: «Die Industrie wollte offensichtlich kein Leuchtturmprojekt, sondern Kasse machen.»

Westerwelle: Politische Gründe ausschlaggebend

Guido Westerwelle hält die Kostenexplosion allerdings nicht für den wahren Grund für das Aus. Der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» sagte der FDP-Chef, in Wahrheit sei der Transrapid aus politischen Gründen gestoppt worden. Ein von der CSU ungeliebtes Projekt sei vor der Landtagswahl noch rasch beerdigt worden. Er fügte an: «Dass wir die neuen Technologien abwickeln, ist Ausdruck einer deutschen Krankheit namens Technologieskepsis».

Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag hielt der bayerischen Landesregierung eine falsche Heransgehensweise vor. «Beckstein und Stoiber haben ungeschickt agiert», sagte Klaas Hübner der «Berliner Zeitung». «Die Strategie der Landesregierung, dem Bund immer mehr Kosten aufzuladen, ist nicht aufgegangen.»

Grüne: Tiefensee hat sich vorführen lassen

Die Grünen kritisierten Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee. «Tiefensee hat sich viel zu lange von der Industrie und Bayern vorführen lassen», sagte Bundestags-Fraktionschef Fritz Kuhn der «Berliner Zeitung». Der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart verlangte, die für das bayerische Projekt nicht mehr benötigten staatlichen Fördermittel weiter in die Erforschung moderner Verkehrstechnologien zu investieren. Die Umsetzung müsse dann aber rascher erfolgen, so der FDP-Politiker.

Thyssen-Krupp liebäugelt mit Ausstieg

Der Industriekonzern Thyssen-Krupp denkt nun sogar an Ausstieg. Wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtete, erwäge der Konzern den Verkauf der Antriebstechnologie nach China. Auch «Welt Online» meldete unter Berufung auf Unternehmenskreise, das Unternehmen wolle in den kommenden Wochen Verhandlungen mit der chinesischen Regierung über einen Transfer beginnen. Thyssen-Krupp stellt im Transrapid-Konsortium das Antriebssystem bereit, an dem die Chinesen besonders interessiert seien. Möglich seien sowohl eine Lizenzvergabe, bei der die 220 Arbeitsplätze in Kassel erhalten bleiben könnten, als auch ein vollständiger Verkauf. Die Transrapid-Strecke in der chinesischen Metropole Schanghai ist bislang abgesehen von der Teststrecke im Emsland die einzige weltweit.

Am Donnerstag hatten Bundesverkehrsminister Tiefensee und Beckstein das Aus für den Transrapid in München beschlossen. Sie verwiesen auf die Kostenexplosion beim Bau der Strecke. Die 37 Kilometer lange Verbindung zwischen Flughafen und Hauptbahnhof in München sollte nach neuesten Berechnungen statt der noch im Herbst 2007 veranschlagten 1,85 Milliarden nun 3,4 Milliarden Euro kosten. (AP/dpa)

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