Tote und Verletzte auf Lhasas Straßen

Die chinesische Polizei geht hart gegen die protestierenden Tibeter vor. Augenzeugen berichten von Schüssen und Toten, in Lhasa hätten Autos und Geschäfte gebrannt. Der Dalai Lama rief zum Ende der Gewalt auf.
In Tibet sind die Proteste gegen die chinesische Herrschaft eskaliert. In der Hauptstadt Lhasa seien zwei buddhistische Mönche getötet worden, berichtete der Rundfunksender Radio Free Asia am Freitag. «Die Polizei hat in die Menge geschossen», berichteten Augenzeugen dem US-amerikanischen Radiosender. Nach Angaben des britischen Senders BBC wurden Geschäfte und Autos in Brand gesteckt. Ein Augenzeuge habe zwei Leichen am Barkor genannten Pilgerweg um den Jokhang-Tempel in der Altstadt gesehen. Ein Großaufgebot von Soldaten setzte am Abend eine Ausgangssperre durch. Der Dalai Lama rief zum Gewaltverzicht auf.
Die Ausschreitungen am Freitag konzentrierten sich zunächst auf den Platz vor dem Jokhang-Tempel und den Pilgerweg. Neben Mönchen seien auch Studenten und andere Tibeter auf dem Platz gewesen, als die Gewalt eskalierte, berichtete eine Augenzeugin. Auf am Boden liegende Feuerwehrleute hätten Demonstranten eingetreten und eingeprügelt.
Wie Radio Free Asia ergänzte, liefen Demonstranten laut Augenzeugen mit den traditionellen weißen Schals der Tibeter durch die Straßen und riefen «Befreit Tibet». Die Straßen seien gesperrt worden, so dass Angestellte in Bürohäusern feststeckten. «Niemand darf sich mehr durch Lhasa bewegen.» BBC berichtete unter Hinweis auf Augenzeugenberichte, 300 Mönche seien bei dem Versuch, das Sera-Koster zu verlassen, von chinesischen Sicherheitskräften mit Knüppeln zurückgetrieben wurden.
Dalai Lama rief zur Gewaltlosigkeit auf
Das geistliche Oberhaupt Tibets, der Dalai Lama, äußerte sich sehr besorgt über die Entwicklung. Die Proteste seien «ein Zeugnis der großen Unmuts des tibetischen Volkes», erklärte er in einer Stellungnahme. Er forderte die chinesische Führung auf, die Gewalt zu beenden und den Dialog zu suchen. Das tibetische Volk rief er dazu auf, keine Gewalt anzuwenden. Die Mönche hatten am Montag mit Demonstrationen begonnen. Sie erinnerten damit auch an den Volksaufstand in Tibet im März 1959, in dessen Verlauf der Dalai Lama außer Landes floh.
Auch in Indien und Nepal haben in dieser Woche Exil-Tibeter demonstriert. Im nordindischen Dharamsala, dem Sitz der tibetischen Exil-Regierung und des Dalai Lama, versammelten sich Aktivisten, um in einem Protestzug nach China zu marschieren. Am Donnerstag wurden sie von indischen Sicherheitskräften gestoppt und festgenommen. Auch in Nepal wurden etwa 100 protestierende Mönche inhaftiert.
Seit 1950 wurden 6000 Tempel zerstört
Truppen der kommunistisch regierten Volksrepublik China hatten Tibet 1950/51 besetzt. Später wurde das Gebiet als autonome Region in China eingegliedert. Menschenrechtsorganisationen werfen der chinesischen Regierung massive Verstöße gegen Grundrechte wie die Glaubensfreiheit in Tibet vor. Seit der Besetzung wurden mindestens 6.000 Tempel und Klöster zerstört. Der Dalai Lama wird von Peking separatistischer Bestrebungen beschuldigt. Er gab die Forderung nach Unabhängigkeit jedoch längst auf und setzt sich für eine wirkliche Autonomie ein. (nz/epd/dpa)