Tote und hunderte Verletzte in Kairo

Ägyptens Präsident Mohammed Mursi ist noch kein halbes Jahr im Amt, und schon sterben vor seinem Regierungspalast die ersten Demonstranten.
dpa |
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Ägyptens Präsident Mohammed Mursi ist noch kein halbes Jahr im Amt, und schon sterben vor seinem Regierungspalast die ersten Demonstranten.

Kairo - Die Republikanische Garde kann vor dem Palast zwar Stacheldraht ausrollen. Den Ausweg aus der Krise muss Mursi aber selbst finden.

Nach den brutalen Straßenkämpfen zwischen Islamisten und Oppositionellen blicken nun alle Ägypter auf Mursi. In der Nacht zum Donnerstag wurden bei den Ausschreitungen in Kairo und Suez mindestens fünf Menschen getötet und insgesamt 644 Menschen verletzt. Die Republikanische Garde errichtete am Nachmittag einen Schutzwall vor dem Palast und forderte die Demonstranten auf, sich zurückzuziehen. Die Anhänger der Muslimbruderschaft hielten sich daran und zogen ab. Einige Mursi-Gegner aber demonstrierten weiter, und andernorts gingen die Krawalle weiter. Ob Mursi den Verfassungsstreit nun doch mit einem Kompromissvorschlag lösen will, blieb bis zum Abend unklar.

Das ägyptische Nachrichtenportal "youm7" meldete, vor dem Haus der Familie des Präsidenten in seinem Heimatbezirk Sagasig seien wütende Demonstranten aufmarschiert, um gegen Mursi zu protestieren. Die Polizei habe die Angehörigen in Sicherheit gebracht. Im Präsidentenpalast empfing Mursi nach Informationen der Zeitung "Al-Masry Al-Youm" Justizminister Ahmed Mekki. Es hieß, man suche nach einem Ausweg aus der aktuellen Krise, die bereits Todesopfer gefordert hat. Eine zunächst für den Nachmittag angekündigte Fernsehansprache des Präsidenten wurde schließlich verschoben. Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete, Mursi wolle in der Nacht eine "wichtige Entscheidung" bekanntgeben.

Nach Angaben des Gesundheitsministerium wurden in der Nacht zum Donnerstag fünf Leichen in die Krankenhäuser im Osten der Stadt gebracht. Ärzte bemühten sich außerdem, das Leben eines Fotografen der Zeitung "Al-Fagr" zu retten. Er war bei den Krawallen vor dem Präsidentenpalast von einem Geschoss am Kopf getroffen und später für klinisch tot erklärt worden. Falls er stirbt, wäre er das sechste Todesopfer der jüngsten Ausschreitungen.

Das Gesundheitsministerium meldete, in der Nacht zum Donnerstag seien vor dem Präsidentenpalast in Kairo 635 Menschen verletzt worden. Fünf weitere Menschen wurden bei Ausschreitungen in Suez verletzt. Vier Verletzte gab es auf dem Tahrir-Platz in Kairo, wo seit Tagen Gegner des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi protestieren.

Die Krawalle vor seinem Regierungssitz hatten am Mittwoch begannen, als Muslimbrüder Zelte zerstörten, die Aktivisten aus Protest gegen die Machtpolitik der Islamisten vor dem Präsidentenpalast aufgebaut hatten. Die Zusammenstöße zwischen den Oppositionellen und Anhängern der regierenden Islamisten-Parteien und Oppositionellen waren die heftigsten Ausschreitungen seit dem Amtsantritt Mursis Ende Juni.

Die Republikanische Garde fuhr anschließend mit Panzern vor dem Präsidentenpalast auf. Ein Sprecher betonte, es handele sich nicht um Soldaten der Armee. Zuvor war über einen möglichen Militärputsch spekuliert worden.

Entzündet hatte sich der Streit an einem Dekret Mursis, mit dem dieser seine Machtbefugnisse für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung auf Kosten der Justiz ausgeweitet hatte. Am 15. Dezember soll über die neue Verfassung abgestimmt werden.

In Berlin rief Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die Konfliktparteien in Ägypten zum Dialog auf. Beide Seiten müssten "auf eine politische Lösung hinarbeiten, damit diese Kontroverse überwunden werden kann", sagte Westerwelle. Zugleich äußerte er sich "bestürzt" über die jüngste Entwicklung. Mit dem Verfassungsprozess solle Ägypten eigentlich geeinigt werden. Zunehmend sei damit jedoch eine "gesellschaftliche und politische Spaltung" verbunden.

Die Kairoer Tageszeitung "Al-Shorouk" berichtete auf ihrer Webseite, ein weiterer Berater des Präsidenten habe aus Protest gegen die Gewalt auf den Straßen seinen Rücktritt erklärt. Mohammed Esmat Seif al-Daula ist damit der siebte Berater von Mursi, der sein Amt niederlegt.

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