Top-Beamter im Visier der Fahnder
Deutschlands größter Steuerskandal hat nun sogar den Bayerischen Landtag erfasst. Eine Datensammlung bringt Bayerns Datenschützer in Bedrängnis. Pikantes Detail: Die Frau des Top-Beamten ist BND-Agentin.
MÜNCHEN Er ist Bayerns oberster Datenschützer. In dieser Funktion soll Karl Michael B. die Bürger davor bewahren, dass sie durch Daten in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werden. Doch jetzt hat der 60-jährige Top-Beamte selbst ein Problem. Und das wegen der Liechtensteiner CD mit genauen Daten über deutsche Steuersünder, die der BND für 4,2 Millionen Euro von einem Steuer-Spion erstanden hat. Nach Informationen der AZ hat die Bochumer Staatsanwaltschaft den bayerischen Datenschützer im Visier. Gestern bekam er daheim Besuch von den Steuerfahndern. Eine heikle Aktion für ihn und seine Frau. Sie ist nämlich Agentin beim BND. Durchsucht wurden am Dienstag außerdem die Räume des Landesamtes für Datenschutz.
Abends rief die AZ bei dem Top-Beamten an: „Bei Ihnen waren die Steuerfahnder.“ Er: „Kein Kommentar.“ AZ: „Wann sind die Steuerfahnder gekommen.“ Er: „Kein Kommentar.“ Dann legte er auf.
Vorladung im Landtag
Damit hat die Liechtensteiner Steueraffäre nun sogar den bayerischen Landtag erfasst. Erst im Februar 2006 war der Jurist und Diplomkaufmann vom Parlament zum Landesdatenschutzbeauftragten gewählt worden. In dieser Funktion ist er dem Landtag zugeordnet. Am Mittwoch tagt der Ältestenrat des Landtags. Landtagspräsident Alois Glück will den Beamten vorladen, um zu erfahren, warum ihn die Bochumer Staatsanwaltschaft besucht hat und ob es Vorwürfe gegen ihn gibt.
In seinem Tätigkeitsbericht hatte der Datenschutzbeauftragte vor genau einem Jahr kritisiert: „Je stärker auf die Einzelfallgerechtigkeit ausgerichtet das Rechtssystem ist, desto komplizierter wird es und desto mehr Kontrollen sind beispielsweise in den Bereichen Steuern, Abgaben und staatliche Leistungsgewährung erforderlich.“ Seine Forderung damals: „Hier muss eine Vereinfachung gesucht werden, so könnten etwa mit Pauschalierung sehr viele Gängeleien verhindert werden.“
Karriere im Finanzministerium begonnen
Ob sich der Datenschützer selbst vom deutschen Steuersystem gegängelt fühlte, ist offen. Die Staatsanwaltschaft Bochum hüllt sich bei ihren Ermittlungen in Schweigen.
Zumindest kennt sich Bayerns oberster Datenschützer mit Steuern und Banken aus. Seine Beamtenkarriere beim Freistaat hatte er nach dem Studium im Finanzministerium begonnen. Später war er im Außendienst der Bayerischen Landesbank tätig und danach Justiziar des bayerischen Landtags. Seine Ehefrau soll unter dem Decknamen Melanie Rengstorf für den BND arbeiten.
Angela Böhm