Tiefes Unbehagen
Die Kritik von Erwin Huber an Horst Seehofer ist deswegen so gefährlich für den CSU-Chef, weil sie ernsthaft ist. Sicher, Huber ist kein Fan seines Nachfolgers im Parteiamt – aber er ist viel zu sehr loyaler Parteisoldat, der auch vor den Landtagswahlen noch seine Unterstützung öffentlich bekundet hat, um die Wortmeldung jetzt als Rache als Gestürzten abzutun.
Huber gehört eben nicht zu den notorischen Quertreibern, und er verfolgt auch keine persönlichen Karrierepläne mehr. Seine Wortmeldung entspringt nicht dem ersten Frust am Wahlabend, sondern ist sichtlich überlegt; sie hat keinen Schaum vor dem Mund, sondern analysiert auch selbstkritisch, dass erst die Feigheit vieler in der CSU Seehofer hat so überdominant werden lassen. Hubers Worte hallen so nach, weil sie ohne Ausrufezeichen daherkommen.
Dass Huber sich jetzt so äußert, sagt viel über das tiefe Unbehagen in der CSU. Solange Seehofer Erfolg in Prozenten geliefert hat, hat man ihn gewähren lassen. Und lang genug ist die bewährte Doppelstrategie – gleichzeitig dafür und dagegen zu sein – ja tatsächlich aufgegangen: Noch bei den Landtagswahlen hat Seehofer vielen Wählern erfolgreich verkaufen können, dass er die Stromtrassen aber echt total kritisch sieht, die er in Berlin beschlossen hat. Jetzt, beim Thema Europa, hat sie – erfreulicherweise – nicht mehr funktioniert. Das aber zeigt, dass Seehofers Bauchgefühl, sein größter Trumpf, getrogen hat. Da könnte einiges ins Wanken geraten in der CSU.