Thüringens Ministerpräsident fordert neue Nationalhymne

Bodo Ramelow von der Linken sagt, vor allem im Osten würden viele Menschen aktuell nicht mitsingen – deshalb müsse ein neues Lied her.
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Bei strahlendem Sonnenschein weht am unter einem tiefblauen Himmel vor dem Reichstagsgebäude in Berlin die Deutschlandfahne.
Wolfgang Kumm/dpa Bei strahlendem Sonnenschein weht am unter einem tiefblauen Himmel vor dem Reichstagsgebäude in Berlin die Deutschlandfahne.

Erfurt - Der Text ist fast 180 Jahre alt, die Melodie hat noch mehr Lenze auf dem Buckel und seit Jahrzehnten singen viele Deutsche – egal ob bei Spielen der Fußball-Nationalmannschaft, bei Olympia-Siegerehrungen oder gar am Volkstrauertag – die dritte Strophe des "Liedes der Deutschen" von Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Doch nun will der Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die deutsche Nationalhymne durch eine andere ersetzen.

Er wünsche sich eine wirklich gemeinsame Nationalhymne, "die alle mit Freude mitsingen", sagte Ramelow am Donnerstag. 30 Jahre nach dem Mauerfall würden viele Ostdeutsche die Hymne in der Öffentlichkeit nicht anstimmen. Der "Rheinischen Post" sagte Ramelow, "ich singe die dritte Strophe unserer Nationalhymne mit, aber ich kann das Bild der Naziaufmärsche von 1933 bis 1945 nicht ausblenden".

Ramelows Amtskollegen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern – Michael Kretschmer, Reiner Haseloff (beide CDU), Dietmar Woidke und Manuela Schwesig (beide SPD) – widersprachen unisono. Die Debatte über eine neue Hymne sei überflüssig und ein falsches Signal.

Ramelow: "Ich persönlich finde die Kinderhymne gut"

"Wir sollten uns den Themen zuwenden, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht, wie zum Beispiel der Energiewende oder der Mietpreisentwicklung", erklärte Haseloff. "Ich finde unsere Hymne gut", sagte Schwesig.

Linke-Politiker Ramelow, dem ein Gespür für Aufregerthemen nachgesagt wird, zeigte sich irritiert über die Reaktionen. "Es muss doch erlaubt sein, 30 Jahre nach dem Mauerfall einen Vorschlag des Runden Tisches aus der Wendezeit in Erinnerung zu rufen", sagte er. Der Runde Tisch hatte in der Wendezeit die Kinderhymne von Bertolt Brecht als Nationalhymne für das wiedervereinigte Deutschland vorgeschlagen. "Ich persönlich finde die Kinderhymne gut", sagte Ramelow.

2018 gab es bereits eine Diskussion um den Wortlaut der Nationalhymne. Damals hatte die Gleichstellungsbeauftragte im Familienministerium, Kristin Rose-Möhring, vorgeschlagen, künftig statt "Vaterland" besser "Heimatland" und statt "brüderlich" in Zukunft "couragiert" zu singen.


AZ-Umfrage: Braucht Deutschland eine neue, historisch unbelastete Hymne?

Beate Oberbillig (54), Architektin: "Ich bin dafür, die Nationalhymne gegen was anderes zu wechseln. Im Prinzip hätte man sich schon bei der Wiedervereinigung für ein neues Lied entscheiden müssen."

Dietmar Holzapfel (62), Wirt der Deutschen Eiche: "Ich verstehe, dass einige bei der Hymne an Nazis denken. Als Lehrer habe ich Schülern auch Brechts Kinderhymne beigebracht. Der Text ist humanistischer."

Michael Watschinger (59), Privatier: "Ich brauche überhaupt keine Nationalhymne. Mir gefällt der Bayerische Defiliermarsch. Und ich mag Franz Josef Strauß – er würde heute in der Politik vieles anders machen."

Linda Benedikt (46), Schriftstellerin: "Björn Höcke von der AfD und alle anderen sollten eine neue Hymne lernen – das darf gerne Brechts Kinderhymne sein. Oder die Europahymne."


Liebe Leserinnen und Leser, muss eine neue Nationalhymne her? Schreiben Sie uns doch: an Abendzeitung, "Leserbriefe", Garmischer Straße 35, 81373 München – oder per Mail an leserforum@az-muenchen.de.

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