Theresa Schopper: "Wir waren plötzlich Bevormunder"

Abschied nach zehn Jahren an der Spitze: Bayerns Grünen-Chefin Theresa Schopper zieht im Interview mit der Abendzeitung Bilanz.
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Abschied nach zehn Jahren an der Spitze der bayrischen Grünen: Theresa Schopper (52).
Abschied nach zehn Jahren an der Spitze der bayrischen Grünen: Theresa Schopper (52).

Abschied nach zehn Jahren an der Spitze: Bayerns Grünen-Chefin Theresa Schopperim AZ-Interview

MÜNCHEN Heute treffen sich Bayerns Grüne zum Parteitag – dabei wählen sie Sigi Hagl zu ihrer neuen Chefin. Theresa Schopper tritt nach zehn Jahren an der Spitze nicht mehr an. Im AZ-Interview zieht sie Bilanz.

AZ: Wird’s heute beim Abschied Tränen geben?

THERESA SCHOPPER: Eigentlich ist es kein Anlass, traurig zu sein. Aber man weiß ja nie, in welche Stimmung man kommt. Als Programmpunkt ist Weinen nicht vorgesehen.

Beim Abschied Ihrer Parteifreundin Claudia Roth haben Sie eine der Lobreden gehalten und gefragt: „Was bleibt von ihr?“ Und was bleibt von Theresa Schopper?

Sie war bodenständig, zupackend, pragmatisch und hat viele Menschen für grüne Politik interessiert, die vorher gar nichts damit am Hut hatten.

Ihre Partei war für den Veggie-Day. Sie essen lieber Schweinsbraten. Ihre Partei ist gegen Olympia. Sie waren dafür. Hat’s überhaupt noch zwischen Ihnen und den Grünen gestimmt?

Wir sind doch keine Partei von Vegetariern und schon gar keine Kaderpartei, wo man sein Hirn mit dem Eintritt abgibt. Wir sind eine Partei, die offen diskutiert. Unsere großen gemeinsamen Ziele sind Ökologie, Klimawandel, Energiewende und die gesellschaftlichen Herausforderungen. Da kann man bei Olympia schon mal eine andere Meinung haben. Und Vegetarier ist ein Lebensstil, für den sich jeder selber entscheiden kann.

Die Grünen müssen wieder sexyer werden, sagt Ihr Co-Vorsitzender Dieter Janecek. Wo waren er und Sie unsexy?

Er hat da nicht die Personen gemeint, sondern die Themen, die man mit den Grünen verbindet. Wir waren plötzlich die Vorschriftspartei, die Bevormunder und nicht mehr die, die für Weltoffenheit standen. Das hat unser Image schwer beschädigt.

In einem Brief haben Sie Ihre Parteifreunde nach dem Wahldesaster aufgefordert: „Nehmt die Toten Hosen zum Vorbild, steht auf, wenn ihr am Boden liegt.“

Die Zeit der Trauer ist jetzt vorbei. Wir haben uns mehr erhofft und waren mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Das muss man aber aus den Klamotten auch wieder herausschütteln.

Was ändert sich mit Ihrem Abschied bei den Grünen?

Sie verlieren mit mir auch jemanden, der viel Humor hat. Man darf vieles, einschließlich sich selbst, nicht so ernst nehmen. Aber die Grünen hängen nicht an mir als Person. Ich hoffe, dass der eine oder andere mal sagen wird, wenn wir uns begegnen: „Schön, dass wir uns wiedersehen.“

Sie wollten als Münchner Oberbürgermeisterin kandidieren, haben aber zurückgezogen, weil Ihr Mann Boris Schwartz Kommunalreferent werden sollte, was er nicht wurde. War das ein Fehler?

Danach ist man oft gscheiter. Wir wollten keine Politik am Küchentisch machen. Es war eine großartige Chance, die sich für den Boris auftat, und er hätte es auch gut gemacht. Ich habe mich damals so entschieden, weil ich ohne den Boris nie so in die Politik hätte einsteigen können. Er hat sich um unsere Kinder gekümmert und war damals in seinem Betrieb der erste, der als Hausmann daheim blieb. Das war schon ungewöhnlich.

Sie haben den Stimmkreis gewechselt von München in Ihre alte Heimat, das Allgäu. Bereuen Sie’s?

Gefühlt war’s richtig. Ich wollte eine Landabgeordnete sein. Das ist was ganz anderes, als die Stadt München zu vertreten. Das ist nicht gelungen. Jetzt kommt halt was anderes.

Ihr Mann ist Chef der Münchner Markthallen. Sie sind arbeitslos. Das Mandat verloren, von der Parteispitze zurückgetreten, was fangen Sie mit Ihrer neuen Zeit an?

Bisher habe ich noch keinen Unterschied gespürt. Das wird erst nach diesem Wochenende kommen. Der Advent wird für mich dann eine wirklich stade Zeit werden.

Sie haben ein Diplom in Soziologie und Kriminologie. Suchen Sie einen neuen Job?

Ich sortiere noch. Vielleicht ergibt sich etwas im Sozialen, in der Gesundheit, in der Beratung. Da ist noch nichts spruchreif.

Welchen Ratschlag geben Sie Ihrer Nachfolgerin?

Gelassen bleiben und authentisch. Das wichtigste ist es, seine Persönlichkeit in die politische Arena miteinzubringen. Was einem wichtig ist, muss man nach vorne stellen.

 

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