Terrorwarnung: Das Parlament im Visier
BERLIN - Die Berliner Polizei hat am Montag mit umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen rund um das Reichstagsgebäude auf die jüngsten Terrorwarnungen reagiert. Die Kuppel und die Dachterrasse wurden für Besucher gesperrt, teilte die Pressestelle des Bundestages mit.
Sorge ja, Hysterie nein. Warnungen ja, „unverantwortliche Spekulationen“ nein. Fünf Tage nach den Terrorwarnungen von Innenminister Thomas de Maizière wird der Kontrast zwischen wolkiger Politikersprache und praktisch spürbarer Terrorangst immer größer.
Am Montag sperrten Sicherheitskräfte sogar die bei Touristen besonders beliebte Reichstagskuppel und die Besucherterrasse auf dem Parlamentsbau. Die Spekulationen, dass islamistische Fanatiker einen Sturmangriff auf deutsche Parlamentarier, Mitarbeiter und Besucher planen, wurden dadurch noch einmal angeheizt.
Mittlerweile wird es auch de Maizière zuviel: Bei „Anne Will“ warnte der Innenminister vor „Spekulationen und ihren psychologischen Wirkungen“. De Maizière: „Sie verselbstständigen sich, sie dienen auch dazu, Angst zu verbreiten.“ Der Minister appellierte auch an die Medien und an „alle Terrorismusexperten dieses Landes“, sich zurückzuhalten. Gleichzeitig blieb er bei seinem Kurs, Gerüchte nicht zu dementieren, sie aber auch nicht offiziell zu bestätigen. Er habe gezielt Ende November als möglichen Anschlags- Zeitpunkt, „der uns als besonders interessant erscheint“, ins Gespräch gebracht, sagte er immerhin.
Um den Sitz des Bundestags waren schon am Wochenende die Gerüchte heiß gelaufen. Ein Terrorkommando plane, den Bau nach dem Vorbild der großangelegten Attacke im indischen Bombay zu überfallen, hieß es.
In Bombay hatten Fanatiker ein tagelanges Inferno angerichtet, als sie unter anderem ein Hotel überfielen, dort ein gezieltes Blutbad herbeiführten und gleichzeitig mit Geiselnahmen Angst und Schrecken verbreiteten. Fast 200 Menschen starben, dazu kamen viele Verletzte.
Eine offizielle Bestätigung für solche Geheimdiensterkenntnisse gab es auch gestern nicht. Dafür wurden die Sicherheitsmaßnahmen am Reichstagsbau noch einmal deutlich verstärkt. 60 zusätzliche Bundespolizisten verstärken nun die Ordnungskräfte der Stadt. Nur noch angemeldete Gruppen dürfen jetzt als Besucher ins Haus, Kuppel und Dachterrasse bleiben aber auch für sie gesperrt.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sprach von verstärkten Kontrollen „in erheblichem Umfang“. Auch von „inneren Sicherheitsmaßnahmen“ ist die Rede, ohne dass ganz klar wurde, worum es sich handelt. Schon seit Tagen ist das gesamte Gebäude auch von außen durch Absperrgitter gesichert. Auch an Flughäfen und Bahnhöfen gibt es weiter massive Kontrollen.
Unklar ist, ob die Behörden davon ausgehen, dass sich Terroristen bereits imLand befinden. Am Wochenende war von zwei unterschiedlichen Gruppen die Rede, die Deutschland im Visier hätten. Von einer hieß es, sie habe sich gestern nach Deutschland aufgemacht.
Terrorgruppen könnten sich auch auf eine islamistische Szene stützen, die schon im Land verankert ist: Die Verfassungsschützer kalkulieren, dass gut 1000 Islamisten in Deutschland leben, davon seien 130 bereit, Anschläge zu verüben. Etwa die Hälfte davon ist paramilitärisch ausgebildet, ein Teil davon in Afghanistan oder Pakistan.
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