Tauziehen in Rom um politische Zukunft Berlusconis
Im italienischen Senat haben am Montag die Beratungen über die politische Zukunft Silvio Berlusconis begonnen.
Rom - Die mehr als 20 Abgeordneten verschiedener Parteien entscheiden in einem Ausschuss, ob der frühere Regierungschef nach seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs auch seinen Sitz im Parlament verliert.
Bis zu einer endgültigen Abstimmung über die politische Zukunft des 76-Jährigen und damit möglicherweise auch das Schicksal der Regierung von Ministerpräsident Enrico Letta könnten allerdings noch Tage oder sogar Wochen vergehen.
Der Ausschuss-Sprecher Andrea Augello von Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PdL) eröffnete die Sitzung am Nachmittag mit seinem Bericht, der mehrere Stunden Zeit in Anspruch nehmen sollte. Grundlage der Debatte im Senatsausschuss ist ein Gesetz, wonach rechtskräftig verurteilte Parlamentarier ihr Mandat abgeben müssen.
In dem Ausschuss zeichnete sich vor Beginn der Diskussion eine Mehrheit für einen Ausschluss der Leitfigur von Mitte-Rechts ab. Die PdL hatte mit einem Bruch der großen Regierungskoalition gedroht, sollte Berlusconi sein Parlamentariermandat entzogen werden. Dagegen verlangt der linke Koalitionspartner PD (Demokratische Partei) ein Ende solcher politischen "Erpressung" durch die Rechte.
Regierungschef Letta will sich von den Konflikten in der Koalition nicht bremsen lassen und setzt weiterhin auf eine Lösung der Frage der politischen Zukunft Berlusconis. "Ich denke, dass die PdL-Partei nicht die Koalition verlassen wird", zeigte er sich in einem BBC-Interview am Montag zuversichtlich. Dem "permanenten politischen Chaos" müsse Einhalt geboten werden. Seine Regierung wolle nicht der Spielball politischen Streits sein.
Sollten Berlusconis fünf Minister die Regierung aus Protest verlassen, drohen baldige Neuwahlen. Angesichts eines weiterhin nicht reformierten Wahlrechts in Italien könnte es dabei zu einem erneuten Patt wie bei dem Urnengang im Frühjahr kommen. Positive Umfragewerte könnten es Berlusconi nahe legen, Neuwahlen als Befreiungsschlag aus seiner Lage anzustreben. Wichtig ist dabei aber, wie Staatschef Giorgio Napolitano in einer Krise entscheidet.
"Der Fall ist alles andere als abgeschlossen", erklärte Vize-Regierungschef Angelino Alfano von Berlusconis Partei. Berlusconi habe mehr als alle anderen diese große Koalition gewollt, sagte er. Die Linke müsse also "Verantwortungsbewusstsein" zeigen.
Berlusconi klagt derweil vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen den drohenden Verlust seines Sitzes im Senat. Das entsprechende Gesetz von Januar 2013, noch aus der Zeit unter Regierungschef Mario Monti, könne nicht rückwirkend auf die lange zurückliegenden Steuerdelikte angewandt werden, so eine Begründung. Es verstoße auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, weil es unverhältnismäßige Sanktionen vorsehe, argumentiert Berlusconi.