Syriza-Abweichler könnten eigene Regierung stürzen

Unter dem Eindruck drohender Neuwahlen wird der Ausgang des Schicksalsvotums im griechischen Parlament über neue Milliardenhilfen mit Spannung erwartet. Finanzminister Tsakalotos warnte die Abgeordneten, vor dem am Freitag geplanten Eurogruppen-Treffen dürfe es keine Verzögerung mehr geben.
von  dpa

Athen - Innerhalb der Regierung wurden vorgezogene Wahlen als geboten betrachtet, sollte die Links-Rechts-Koalition bei der namentlichen Abstimmung in der Nacht zum Freitag aus dem eigenen Lager weniger als 120 der insgesamt 300 Abgeordnetenstimmen bekommen.

13 Abgeordnete des linken Syriza-Flügels riefen zur Bildung einer "breiten Bewegung" im ganzen Land auf, um der Sparpolitik ein Ende zu setzen. Griechische Medien werteten dies als "Keim" für die Spaltung der Partei und für die Gründung einer neuen linken Partei. Als Wortführer der 13 Abgeordneten gilt Ex-Energieminister Panagiotis Lafazanis, der Ministerpräsident Alexis Tsipras vergangene Woche die Schuld an einer drohenden Spaltung der Syriza gegeben hatte.

Die Zeit drängt. Am kommenden Donnerstag muss Griechenland der Europäischen Zentralbank (EZB) Anleihen und darauf fällige Zinsen über rund 3,4 Milliarden Euro zurückzahlen. Sollte die Rückzahlung ausbleiben, müsste die EZB dem Land eigentlich den Geldhahn zudrehen, was den Zusammenbruch der Wirtschaft zur Folge haben könnte.

Die EU-Kommission arbeitet im Auftrag der Mitgliedstaaten weiter an einem Plan B für neue Hilfen. Nach Angaben einer Sprecherin wurden Dokumente erstellt und an die Hauptstädte übermittelt, mit deren Hilfe eine weitere Brückenfinanzierung gewährleistet werden könnte. Diese würde notwendig werden, wenn die Finanzminister der Euro-Staaten noch nicht ihre Zustimmung für das große Hilfsprogramm geben. Die EU-Kommission betonte aber, dass für sie eine Verabschiedung an diesem Freitag die bevorzugte Option sei.

In Athen beriet am Donnerstag zunächst der Finanzausschuss des Parlaments über den Inhalt der Grundsatzeinigung. Beim folgenden Plenarvotum wurde in Athen - ähnlich wie bei vorherigen Abstimmungen - mit bis zu 40 Abweichlern unter den 162 Abgeordneten des Regierungslagers von Tsipras gerechnet.

Zwar gilt die Annahme des Abkommens und der darin enthaltenen Sparauflagen als sicher, da die wichtigsten Oppositionsparteien ihre Zustimmung signalisierten. Sollten aber weniger als 120 Abgeordnete aus dem Koalitionslager dafür stimmen, wäre die in der Verfassung definierte Schwelle für den Vertrauensverlust einer Minderheitsregierung erreicht, wie sie Tsipras faktisch anführt.

"Dann werden wir gezwungen sein, so schnell wie möglich dieses Thema zu lösen", sagte Staatsminister Alekos Flambouraris mit Blick auf die dann quasi unausweichlichen Neuwahlen. Ein Datum nannte er allerdings nicht. Die Entscheidung über weitere Schritte obliege allein Tsipras.

Für Donnerstagabend riefen die Gewerkschaft der Staatsbediensteten (Adedy) und die kommunistische Gewerkschaft Pame zu Demonstrationen vor dem Parlament gegen die Sparauflagen auf.

Nach dem griechischen Parlament muss die Eurogruppe über das Hilfsprogramm entscheiden, das bis zu 86 Milliarden Euro umfassen soll. Anschließend wollen auch andere Eurostaaten ihre Parlamente darüber abstimmen lassen, darunter Deutschland voraussichtlich in der kommenden Woche.

Bundestagspräsident Norbert Lammert stellte die Abgeordneten bereits auf eine Sondersitzung des Parlaments ein. Wenn sich die Euro-Finanzminister am Freitag auf das neue Hilfsprogramm einigten, werde er für Dienstag oder Mittwoch eine Sondersitzung einberufen, schrieb er in einer E-Mail an die Abgeordneten. Lammert ließ allerdings wegen der Bedenken im Bundesfinanzministerium gegen die auf Expertenebene mit Athen ausgehandelte Einigung über das Milliardenprogramm zunächst offen, ob es die Sitzung tatsächlich geben wird.

In Finnland - einem der größten Kritiker der Finanzhilfen - stimmte der zuständige Parlamentsausschuss dem Programm bereits zu und gab der Regierung damit grünes Licht für eine Billigung. In Estland beantragte die Regierung für Dienstag eine Sondersitzung des Parlaments in Tallinn.

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