Syriens Machthaber Assad in muslimischer Welt isoliert
Im Bürgerkriegsland Syrien sind nach UN-Angaben 2,5 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. Die humanitäre Lage habe sich massiv verschlechtert, sagte UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos.
Damaskus/Beirut - "Die Menschen in Syrien haben zu viel und zu lange gelitten. So kann es nicht weitergehen", mahnte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vor einer Sitzung des Weltsicherheitsrates am Donnerstag. Dabei sollte in New York das Ende der Beobachtermission in Syrien besiegelt werden.
Selbst in der muslimischen Welt gerät das Regime von Machthaber Baschar al-Assad zunehmend ins Abseits. Mit großer Mehrheit beschlossen die islamischen Länder in der Nacht zum Donnerstag in der saudischen Stadt Mekka, die Mitgliedschaft Syriens in der Organisation der Islamischen Kooperation (OIC) auszusetzen. Die Teilnehmer des Treffens seien sich einig, dass die Gewalt umgehend aufhören müsse, hieß es. Dem Beschluss seien "hitzige Debatten hinter verschlossenen Türen" vorausgegangen, sagte ein arabischer Diplomat der Nachrichtenagentur dpa.
Die Arabische Liga und die meisten ihrer Mitglieder hatten schon im vergangenen November mit dem Assad-Regime gebrochen. Saudi-Arabien, Katar, Jordanien und die Türkei unterstützen die syrischen Rebellen.
"Die humanitäre Lage hat sich verschlechtert, seitdem ich im März hier war", sagte UN-Nothilfekoordinatorin Amos in Damaskus. Es fehle an Lebensmitteln, Unterkünften, sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Darüber hinaus würden die UN durch die anhaltende Gewalt daran gehindert, den Menschen ausreichend Hilfe zukommen zu lassen. Auch gebe es dafür zu wenig finanzielle Mittel.
Nach Angaben von Aktivisten wurden am Donnerstag mindestens 62 Menschen von den Regierungstruppen getötet, die meisten davon in der Provinz Aleppo. In Al-Tell außerhalb von Damaskus befreiten die Sicherheitskräfte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana eine TV-Moderatorin des regimetreuen Senders Al-Ichbariija sowie zwei männliche Mitarbeiter des Senders. Diese seien am vergangenen Freitag von "bewaffneten Banden" verschleppt worden. Ein weiterer Kameramann des Senders sei ums Leben gekommen, hieß es.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichtete, beim Abwurf von mindestens zwei Bomben sei am Mittwoch ein ganzer Häuserblock in Trümmer gelegt worden. Mindestens 52 Zivilisten wurden nach Oppositionsangaben getötet, über 100 Menschen seien verletzt worden. Unter den Opfern seien viele Frauen und Kinder. "Die syrischen Regierungsstreitkräfte haben wieder einmal unter kaltschnäuziger Missachtung des Lebens von Zivilisten angegriffen", erklärte die HRW-Expertin Anna Neistat.
Seit Beginn des Syrienkonflikts im März 2011 starben nach UN-Schätzungen mindestens 18 000 Menschen, Oppositionsgruppen sprechen längst von mehr als 20 000 Toten. 150 000 Menschen flohen nach UN-Angaben in Nachbarländer.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte trotz der dramatischen Lage in Syrien erneut vor einer Militärintervention. In einem Interview des Senders rbb-Inforadio sagte er: "Es ist offensichtlich, dass ein militärisches Eingreifen auch zu einem Flächenbrand in der Region führen könnte."
Der französische Außenminister Laurent Fabius rief Assad erneut zum Rücktritt auf. "Wir sehen, dass Assad sein eigenes Volk abschlachtet. Er muss gehen, und je früher, desto besser", sagte Fabius bei einem Besuch in der jordanischen Zeltstadt Saatari, die für syrische Flüchtlinge eingerichtet wurde. Er bekräftigte, dass Paris keine Waffen an die syrischen Rebellen liefere. Die Aufständischen-Armee FSA erhalte von Frankreich lediglich "logistische Hilfe".
Das Ende der UN-Beobachtermission in Syrien ist nach Einschätzung von Diplomaten nicht mehr aufzuhalten. Der Weltsicherheitsrat wollte sich am Nachmittag ein letztes Mal mit der Überwachung der vergeblich geforderten Waffenruhe in Syrien befassen. Das Mandat läuft an diesem Sonntag (19. August) aus.
Die unbewaffnete Beobachtertruppe hatte ihre Arbeit in Syrien im April begonnen, war aber von Anfang an auf Widerstand gestoßen. Zwei Monate später zogen sich die 300 Mann wegen der zunehmenden Gewalt in die Kasernen zurück oder verließen das Land.