Suche nach Wahrheit
Dieser Papst macht Sorgen. Dieser Papst provoziert. Dieser Papst geht dahin, wo es wehtut. Dieser Papst macht seine Sache gut – bis dahin. Aber wie geht’s weiter?
Es ist immer noch atemberaubend, mit welcher Leichtigkeit Franziskus sein Amt vom Sockel holt. Ob er Inhaftierten die Füße wäscht, ob er in Lampedusa Flüchtlingen seine Aufwartung macht, ob er jetzt in die Slums von Rio fährt – es ist mehr als ein Bruch des Protokolls. Hier sucht jemand eine Neudefinition eines Amtes, das zu lange entrückt war. Diese Suche nach Wahrheit im Alltag wird Folgen haben. Noch ist es nicht mehr als ein Allgemeinplatz, wenn Franziskus in Lampedusa vor der „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ warnt. Noch sind es nur Worte, wenn er die Folgen der Krise für die Jugend bedauert. Aber irgendwann wird er nicht mehr schweigen können zu dem, was er auf den Straßen sieht in Rio und anderswo.
Kirchenadel, Sicherheitsdienste und Regierungschefs hätten lieber einen dekorativen Mann in Weiß hinter Panzerglas, mit dessen Präsenz sie sich schmücken können. So einer will Franziskus nicht sein. Er mahnt allein durch sein Auftreten Reformen an, in den Ländern, die er besucht – aber er erinnert so auch an die Missstände im eigenen Laden. Und da tut sich nicht viel. Der Rat der Reformer mit dem Münchner Kardinal Marx, den Franziskus berufen hat, der hat sich noch nie getroffen. Auch hier hat der Papst noch viel zu tun.