Streiten und sticheln - bis die Regierung steht

Bei ihrem dritten GroKo-Vorgespräch loten Union und SPD weiter ihre Grenzen aus. Sie sind allerdings recht eng gesteckt. Bei welchen Punkten sich die Partner uneinig sein könnten.
Basil Wegener |
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Drei Mal haben sich die Parteispitzen von Union und SPD, allen voran CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Merkel (v.l.), CSU-Chef Seehofer und der SPD-Parteivorsitzende Schulz, schon zu Gesprächen getroffen.
dpa Drei Mal haben sich die Parteispitzen von Union und SPD, allen voran CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Merkel (v.l.), CSU-Chef Seehofer und der SPD-Parteivorsitzende Schulz, schon zu Gesprächen getroffen.

Berlin - Forderung und Widerspruch – so geht es nun schon seit Tagen zwischen Union und SPD, jedenfalls in der Öffentlichkeit.

Am Mittwoch ging es hinter verschlossenen Türen weiter: Zum dritten Mal haben sich die drei Parteispitzen zu Gesprächen getroffen. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer, der SPD-Vorsitzende Martin Schulz sowie die Fraktionsvorsitzenden Andrea Nahles (SPD), Volker Kauder (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt loten die Chancen für eine erneute Große Koalition aus.

Bei diesen Themen könnte es Streit geben:

Migration: Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus soll nach dem Willen von CDU/CSU ausgesetzt bleiben – die SPD will ihn wieder ermöglichen. Weitere Streitpunkte: Die CSU-Forderung nach einer Flüchtlingsobergrenze sowie einer Kürzung von Leistungen für Asylbewerber (AZ berichtete). Gegen Arbeitskräftemangel will die Union ein Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz, die SPD will systematisch gesteuerte Zuwanderung per Gesetz.

Steuern und Haushalt: Die CSU im Bundestag will beispielsweise den Wehretat stark erhöhen, die SPD stemmt sich dagegen – und pocht auf mehr Geld für Bildung, Familien und Infrastruktur. Die Union will die Bürger bei der Steuer generell entlasten, die SPD die Klein- und Mittel-Verdiener.

Die Union will die Einkommensteuer um 15 Milliarden Euro senken und den Solidaritätszuschlag für alle ab 2020 abschaffen. Die SPD will den Zuschlag für die unteren und mittleren Einkommen abschaffen und so Entlastungen um 10 Milliarden Euro schaffen. Um weitere 2 Milliarden sollen Arbeitnehmer bei der Einkommenssteuer entlastet werden. Dafür sollen Erben und Reiche stärker zur Kasse gebeten werden, der Spitzensteuersatz soll steigen. Den Solidarzuschlag will die SPD abschmelzen.

Krankenversicherung: Die SPD will eine Bürgerversicherung – Privatversicherte sollen sich gesetzlich versichern lassen können; jeder Neuversicherte soll dann automatisch in die Bürgerversicherung eintreten. Die Union lehnt das ab. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen sprach sich gestern ebenfalls gegen eine Bürgerversicherung aus. Rente: Die SPD will den großen Wurf – und das Rentenniveau mit Steuermilliarden über Jahre stabil halten, was auf Widerstand in der Union stößt.

Arbeit und Soziales: Die SPD will deutliche Arbeitsmarktreformen durchsetzen, welche die Wirtschaft kritisch sieht, wie das Recht auf Rückkehr von Teil- zur Vollzeit oder die Eindämmung befristeter Jobs. Stabile Lohnnebenkosten sind für die Union ein zentraler Punkt.

Europa: Das von SPD-Chef Martin Schulz ausgerufene Ziel von „Vereinigten Staaten von Europa“ lehnt die CSU vehement ab. Spannend wird allerdings die Reaktion auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu einer vertieften Eurozone und EU: Union und SPD scheinen gewillt, angesichts der Fliehkräfte in der Europäischen Union positiv auf Emmanuel Macron zu reagieren.


Kommentar von AZ-Korrespondent Torsten Henke: Nicht übertreiben

Man kennt das aus der Ökonomie: Etwas wird teuer angeboten, um Verhandlungsspielraum zu haben. So kann man dem Gegenüber weit entgegenkommen und macht trotzdem ordentlich Gewinn.

In Berlin funktionieren die Mechanismen ähnlich: Zunächst hat die SPD ihre Preisschilder für eine GroKo aufgestellt und wissen lassen, dass eine schwarz-rote Neuauflage sehr teuer werde. In den Tagen vor ihrer Fraktionsklausur in Kloster Seeon folgte die CSU. Ein versierter Kaufmann weiß allerdings: Er darf es beim Hochtreiben des Preises nicht übertreiben, sonst werden potenzielle Kunden abgeschreckt.

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