Kommentar

Streit um die Erbschaftssteuer: Wer hat, kann auch geben

Die AZ-Nachrichtenredakteurin über Gerechtigkeit im Diesseits – und die ewigen Diskssionen um die Erbschaftssteuer.
von  Martina Scheffler
Die schöne Villa und das Unternehmen gleich dazu an die Kinder weitervererben, ohne dass nennenswert Erbschaftsteuer gezahlt werden muss? Das gefällt nicht jedem.
Die schöne Villa und das Unternehmen gleich dazu an die Kinder weitervererben, ohne dass nennenswert Erbschaftsteuer gezahlt werden muss? Das gefällt nicht jedem. © Westend61/imago

Es ist ein uralter Hut: Starke Schultern müssen mehr tragen. Das gilt auch bei der Erbschaftsteuer. Bei kleineren Vermögen hat der Staat kein Problem, zuzulangen.

Ja, es mag sein, dass etwa bei Immobilien, die von der einen an die nächste Generation weitergegeben werden, die bestehenden Freibeträge für viele ausreichen.

Erbschaftssteuer: Der Fiskus ist auch bei der "Mitte der Gesellschaft" nicht zimperlich

Dennoch: Gerade in München geraten viele Erben in die Bredouille, die aufgrund der immens gestiegenen Grundstückswerte feststellen müssen, dass Omas kleines Häuschen auf einmal ein Millionenobjekt ist. Wenn man dann, wie Florian von Brunn am Donnerstag vorrechnete, 113.000 Euro Erbschaftsteuer zahlen muss, ist das immer noch eine Summe, die die meisten nicht aus der Portokasse zahlen können.

Wenn der Fiskus bei denen, die die vielbeschworene "Mitte der Gesellschaft” darstellen, nicht zimperlich ist, sollte man sich sehr gut überlegen, warum er es bei den sogenannten Großkopferten sein sollte.

Der Staat könnte von einer Erbschaftssteuer profitieren

Der einzige Grund, Steuerschlupflöcher bei immens hohen Erbschaften nicht zu schließen, ist die Klientelpolitik. Florian von Brunn deutete es an: In einer Koalition mit den Liberalen sind Pläne für eine gerechtere Besteuerung nur ein frommer Wunsch. Dabei kann der Staat immens profitieren: zum einen finanziell. Gegen einen Milliardensegen in Zeiten von Pflegenotstand und Klimawende kann keine Partei etwas haben, im Gegenteil: Man müsste erklären, warum man den Weg der ausgewogeneren Erbschaftsteuer nicht geht.

Zum anderen psychologisch: In Zeiten der zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft sind Megageschenke für jene, die sich alles leisten können, ein Spaltpilz. Während der Pandemie waren es Millionäre selbst, die weltweit forderten, höher besteuert zu werden. Es gibt Vorschläge, wie man eine Unternehmensabwanderung durch höhere Steuern verhindern kann. Die Politik sollte sie nutzen.

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