Stoiber will wieder regieren
MÜNCHEN - Der Rache-Engel geht seinen Weg: Nachdem der Ex-Ministerpräsident Beckstein und Huber gestürzt hat, will er die CSU-Fraktion jetzt dazu bringen, Seehofer zum Chef der Staatskanzlei zu machen. Freilich nicht ohne Hintergedanken: Die Strippen will Stoiber selbst ziehen - mit Hilfe seiner Getreuen.
Günther Beckstein und Erwin Huber hat er politisch schon eliminiert. Jetzt ist die CSU-Fraktion dran. Edmund Stoiber will es den Landtagsabgeordneten heimzahlen, die ihn 2007 in Kreuth so gnadenlos von seinem Thron verjagt haben. Sie brutal domestizieren. Den Spaltpilz setzen, damit ihnen keine andere Wahl bleibt, als Horst Seehofer auch noch zum Ministerpräsidenten zu wählen. Der Rache-Engel geht seinen Weg.
Auf kaltem Wege plant er seine eigene Machtübernahme in der Staatskanzlei. Seehofer soll in Bayern nur seine Marionette sein. Mit dem langen Arm will der „CSU-Ehrenspielführer“ aus seinem Exil in der Wagmüllerstraße selbst regieren. Während Supermann Seehofer sich um Berlin kümmert.
Das neue Doppelgespann soll Seehofer/Stoiber heißen
Wenn es künftig noch ein Doppelgespann in der CSU geben soll, dann nur Seehofer und Stoiber. Gemeinsam wollen sie im nächsten Jahr antreten: Seehofer als Spitzenkandidat für den Bundestag, Stoiber für Europa.
Eiskalt hat Stoiber die Weichen für die Machtübernahme gestellt. Stoibers Drahtzieher und Schattenmann Martin Neumeyer soll künftig Bayerns mächtigster Beamter werden und die Regierungszentrale lenken. Mit brachialem Stil hatte der Ministerialdirektor schon während der Stoiber-Regierung Ministerien und Parteifreunde traktiert. Der 49-Jährige galt damals als Bayerns heimlicher Regent.
Neumeyer wiederum hat seine Handlanger bereits positioniert. Bernhard Schwab (48), der schon Regierungs- und CSU-Sprecher war, ist auf Warteposition in der bayerischen Vertretung in Berlin. Er soll als Seehofers Sprachrohr in die Staatskanzlei zurückkehren. Der Dritte im Bunde ist Rainer Haselbeck. Auch der 38-Jährige war mal Stoiber-Sprecher und ist jetzt seine rechte Hand im Exil in der Wagmüllerstraße. Damit läuft Stoibers Regierungsachse wie geschmiert.
Nun muss nur noch der Spaltpilz in der Fraktion aufgehen. Und das sind die Oberbayern – Stoibers Heimatverband. Dort hatte er im vergangenen Jahr noch Wissenschaftsminister Thomas Goppel instrumentalisiert, um Kultusminister Siegfried Schneider als Oberbayern-Chef zu verhindern. Nun hat er Schneider instrumentalisiert – erst, um Beckstein zu stürzen. Und jetzt, um Thomas Goppel und Joachim Herrmann auszubremsen, damit Seehofer der Retter Bayerns sein kann.
"Stoiber sucht sich immer schwache Leute, die er instrumentalisieren kann"
„Stoiber sucht sich immer schwache Leute, die er instrumentalisieren kann. Mit einer Beliebigkeit, wie sie menschenverachtender nicht sein kann“, sagt einer seiner Weggefährten. Auch Beckstein bekam den gnadenlosen Rächer zu spüren. Obwohl gerade der nette Franke es doch war, der Stoiber zur Wiedergutmachung für das verlorene Ministerpräsidenten-Amt lukrative Aufsichtsratsposten bei der Nürnberger Versicherung vermittelt hatte. Stoiber selbst hatte vergeblich auf Angebote gewartet.
Am Freitag setzten sich Seehofer, seine Mitbewerber Joachim Herrmann und Thomas Goppel sowie Oberbayern-Chef Siegfried Schneider nach der Trauerfeier für FJS in Rott am Inn im ersten Stock über dem Bürgersaal zu einem Acht-Augen-Gespräch zusammen. Georg Schmid hatte morgens schon das Handtuch geschmissen.
Seehofer will jetzt die Macht. Hatte er bisher vehement behauptet, der CSU-Chef müsse im Kabinett in Berlin sitzen, will er nun das Gegenteil. Seine Argumentation in der Runde: Er könne in Berlin doch freier agieren, wenn er als Ministerpräsident in Bayern säße. Am Samstagmorgen trifft sich die Oberbayern-CSU in Brunnthal. Dort soll zwischen Seehofer und Goppel entschieden werden. Am Freitag war klar, dass Goppel zurückziehen wird. Bleiben für das letzte Gefecht also noch Seehofer und Herrmann.
Angela Böhm