Stimmt das? Sarrazin im Fakten-Check

Ob man Sarrazin zustimmt oder nicht, ist die eine Sache. Aber entsprechen seine Behauptungen der Wahrheit? Die AZ hat nachgeprüft:
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Thilo Sarrazin
dpa Thilo Sarrazin

Ob man Sarrazin zustimmt oder nicht, ist die eine Sache. Aber entsprechen seine Behauptungen der Wahrheit? Die AZ hat nachgeprüft:

Seine Äußerungen sorgen für Wirbel, er eckt an.

Sarrazin: „Es ist bekannt, dass der Anteil der angeborenen Behinderungen unter türkischen und kurdischen Migranten weit überdurchschnittlich ist. Ganze Clans haben eine Tradition von Inzucht.“

Markus Kurth, Sprecher für Behindertenpolitik der Grünen: „Respektlos, wie Sarrazin mit dem Thema umgeht. Die Behauptung ist Kokolores. In Statistiken sind Behinderungen durch Inzucht überhaupt nicht erhoben. Der allergrößte Teil der Behinderungen entsteht im Laufe des Lebens.“

Sarrazin: „Von den in Deutschland lebenden Migranten mit muslimischem Migrationshintergrund haben 30 Prozent überhaupt keinen Schulabschluss und nur 14 Prozent Abitur.“

Bildungsforscher Klaus Klemm: „Dazu kenne ich keine Studie, es würde mich auch wundern, wenn es so spezielle Daten gibt. Dass der Anteil von Ausländern, die die Schule ohne Abschluss verlassen mit etwa 16 Prozent höher ist als bei Deutschen (6 Prozent), ist aber bekannt.“

Sarrazin: „Beim gegenwärtigen demografischen Trend wird Deutschland in 100 Jahren noch 25 Millionen, in 200 Jahren noch 8 Millionen und in 300 Jahren noch 3 Millionen Einwohner haben.“

Steffen Kröhnert vom Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Als Berechnung halte ich das für plausibel. Die Frage ist aber, ob es sinnvoll ist, so weit in die Zukunft zu denken. Wie sich die Bevölkerung entwickelt, hängt von Entwicklungen wie zum Beispiel der Einwanderung ab.

Viele der Thesen sind nicht explizit falsch, aber statistisch oder verbal so hingetrickst, dass die Wahrheit zumindest manipuliert wurde:

„Nur drei Prozent der jungen Männer und acht Prozent der jungen Frauen mit türkischem Migrationshintergrund heiraten einen deutschen Partner, bei den Russlanddeutschen sind es 67 Prozent.“

Davon abgesehen, dass er die Quelle für seine Behauptungen schuldig bleibt: Die meisten Russlanddeutschen haben einen deutschen Pass – klar fließen sie in diese Statistik damit als „Deutsche“ ein, auch wenn Russlanddeutsche untereinander heiraten.

„Die Schari’a hält Einzug.“ Beleg: Die Islamkonferenz hat vorgeschlagen, „dass Eltern über das Tragen religiöser Kleidung“ entscheiden sollen.

Wie er daraus den Einzug des islamischen Rechtssystems in Deutschland ableitet, erklärt er nicht. Wenn andersrum jemand verfügen würde, Eltern dürften nicht mehr über die Kleidung der Kinder entscheiden, sondern sollten dies dem Staat überlassen, wäre das Geschrei groß.

„Die zum großen Teil arbeitslosen männlichen Familienoberhäupter“...

Die Arbeitslosenquote der Türken liegt bei 25 Prozent. Das ist höher als im Bevölkerungsdurchschnitt – ein Problem. Aber wenn ein Bundesbank-Vorstandsmitglied ein Viertel als „zum großen Teil“ bezeichnet, sollte er seine mathematischen Qualifikationen überprüfen.

Dazu (mangelhafte Bildungserfolge) „gesellt sich sexuelle Frustration“ (bei türkischen jungen Männern): Ah ja. Wenn er das weiß. cl/tan

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