Steueraffäre: Wowereit gerät unter Druck
Weil Berlin Regierender Bürgermeister noch immer zur Causa Schmitz schweigt, reden jetzt seine Parteigenossen. Sie stärken ihm offiziell den Rücken. Intern aber brodelt es
Berlin - Berlins Regierender Bürgermeister ist aus dem Ski-Urlaub zurück, zumindest sollte er es sein. Am Sonntag, so steht es fest auf dem Programm, will Klaus Wowereit die Berlinale-Jury zum Mittagessen einladen. Wowis Heimkehr also – und die ist dieser Tage tatsächlich eine Nachricht wert. Denn allzu schmerzlich wurde er vermisst bei der Aufarbeitung und Aufklärung der Steueraffäre seines Kulturstaatssekretärs André Schmitz.
Wowereit wusste seit 2012, dass sein Parteifreund Schmitz Steuern hinterzogen hat. Der Staatssekretär hatte ein Konto in der Schweiz mit fast einer halben Million Euro nicht versteuert. Vom Urlaub aus ließ Wowereit über einen Sprecher erklären, dass Schmitz Finanzmanöver „eine ernstzunehmende private Verfehlung“ sei. Weitere Aufklärung? Fehlanzeige. Dabei sind viele Fragen offen, etwa warum Wowereit Schmitz, der seine Steuerschuld beglichen hat, weder entlassen noch disziplinarische Maßnahmen ergriffen hat.
"Es wäre besser gewesen, wenn er das gleich offenbart hätte"
Schmitz selbst ist am Dienstag zurückgetreten. Wowereit schweigt weiterhin. Dieses Verhalten stößt auch bei Parteigenossen zunehmend auf Unverständnis. „Die Hütte brennt, der Herr muss ins Haus“, forderte etwa Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky. Intern ist von missglücktem Krisenmanagement und einem unverständlichen Alleingang die Rede. Viele Sozialdemokraten fürchten zudem, dass Wowereits Mitwisserschaft der Glaubwürdigkeit der SPD in ihrem Kampf gegen Steuerflucht schaden könnte. „Es wäre besser gewesen, wenn er das gleich offenbart hätte“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.
Eine Initiative aus Wowereit-Kritikern hat nun eine Petition auf den Weg gebracht, die Wowereit per Volksentscheid aus dem Amt jagen will. Über die Chancen dieser Bürgerinitiative will derzeit niemand spekulieren. Sicher ist jedoch, dass Wowereits Umfragewerte schon einmal sehr viel besser waren. Was ihn aber auch jetzt noch schützt, ist die Tatsache, dass derzeit personell keine echte Alternative zu ihm besteht. Und so ereilte ihn am Freitag Unterstützung von höchster Ebene: „Es gab einen Fall Schmitz, und der ist bereinigt“, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel „Spiegel Online“. „Daraus jetzt einen Fall Wowereit konstruieren zu wollen, ist absurd.“ Wowereit soll am Montag im Rechtsausschuss zu der Steueraffäre aussagen. Darauf scheint er sich vorzubereiten. Seine Teilnahme am Sonntagabend bei der Premiere von Lars von Triers „Nymphomaniac Volume I“, einem Film über eine sexsüchtige Frau, sagte er jedenfalls ab.