Steinmeier kann kaum noch zurück

Dass er der Kanzlerkandidat werden soll, scheint klar. Allerdings braucht der Außenminister dafür die inhaltliche Unterstützung seiner Partei. An diesem Wochenende entscheidet sich, ob er sie auch bekommt.
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Er will, dass die SPD in seine Richtung geht
AP Er will, dass die SPD in seine Richtung geht

Dass er der Kanzlerkandidat werden soll, scheint klar. Allerdings braucht der Außenminister dafür die inhaltliche Unterstützung seiner Partei. An diesem Wochenende entscheidet sich, ob er sie auch bekommt.

«Tagen wie im Paradies» verspricht der Prospekt. «Ihre Welt wird anders ticken» - so werden die Gäste an den Tagungsort gelockt. Doch die fast 50 Spitzen-Sozialdemokraten, die sich am Sonntagvormittag im piekfeinen Resort Schwielowsee bei Berlin zur Klausur zurückziehen, können die versprochenen spektakulären Sonnenaufgänge nicht genießen. Nach vier Stunden, so die Planung, soll alles schon wieder vorbei sein.

Unwahrscheinlich ist auch, dass am Ende richtige Überraschungen verkündet werden. Allein die große Zahl der Teilnehmer, von denen möglichst viele zu Wort kommen wollen, dürfte schon dafür sorgen, dass kaum etwas von den Strategie-Debatten im Event Center geheim bleibt. In den letzten Tage angeheizte Erwartungen, womöglich werde auf märkischem Boden bereits der SPD-Kanzlerkandidat endgültig gekürt, waren rasch wieder eingesammelt worden. Nun fragen sich manche Eingeladene, was der ganze Aufwand eigentlich soll. Zumindest kann sich Frank-Walter Steinmeier, klarer Favorit für das Spitzenamt, der in Brandenburg gerade seine noch fehlende Hausmacht aufbaut, als heimlicher Gastgeber fühlen. Für den Außenminister ist der Ausgang des Heimspiels zudem die wohl entscheidende Etappe, ob er sich auf das Wagnis im kommenden Jahr tatsächlich einlassen will - auch wenn er eigentlich kaum noch zurück kann.

Papier mit Handschrift der Vizekanzlei

Bereits früh hatte Steinmeier deutlich gemacht: Er stehe nur dann zur Verfügung, wenn er auch seine inhaltliche Überzeugung, wonach die SPD strikten Kurs auf die Mitte halten müsse, voll vertreten kann. Dafür forderte er eine schriftliche Garantie in Form eines Eckpunktepapiers, das die Richtung für das künftige Wahlprogramm vorgeben soll. Mit der Absegnung der etwa zehnseitigen Positions-Vorlage, die stärker die Handschrift der Vizekanzlei im Auswärtigen Amt trägt als die der Staatskanzlei in Mainz, will sich Steinmeier gegen spätere Querschüsse rückversichern. Dass Steinmeier dieser Gefolgschaftsappell am Sonntag versagt wird, ist eher nicht zu erwarten. Erst danach will man in der SPD Überlegungen konkretisieren wie und wann die offizielle Ausrufung des Kandidaten erfolgt und wie die künftige Arbeitsteilung mit Parteichef Kurt Beck aussehen soll. Die Hinweise mehren sich, dass die Kür nun doch schon kurz nach der Bayern-Wahl am 28. September über die Bühne gehen wird. Die Art der Inszenierung steht aber noch nicht endgültig fest.

Nominieren und Regierungsübernahme feiern?

Mit Aufmerksamkeit wurde registriert, dass Gerhard Schröder es sich am 26. September nicht nehmen lässt, Becks Autobiografie in Berlin persönlich vorzustellen. Am Tag nach der Bayern-Wahl, wenn ohnehin Präsidium und Vorstand in Berlin sind, könnte dann die Nominierung Steinmeiers erfolgen. Als eine Art «Krönungsmesse» böte sich am gleichen Abend eine große Jubel-Veranstaltung im Jüdischen Museum an, bei der Schröder und die gesamte jetzige Führung zusammen mit vielen Intellektuellen und Künstlern die rot-grüne Regierungsübernahme vor 10 Jahren feiern wollen. Bis zur endgültigen Bekanntgabe muss die SPD-Führung allerdings noch einige rhetorische Eiertänze überstehen. Schon am Sonntag dürften Beck und Steinmeier nicht umhin kommen, einige Kostproben davon am Schwielowsee abzuliefern. Den einen oder anderen plagt auch die Sorge, dass der Parteichef angesichts bohrender Journalistenfragen vielleicht die Nerven verlieren und das Kandidaten-Geheimnis, das eigentlich keines mehr ist, doch vorzeitig lüften könnte. (Joachim Schucht, dpa)

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