Steinbrück setzt bei Parteitag auf Aufbruch

Die SPD will heute in Augsburg ihr Wahlprogramm beschließen - Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hofft auf ein Aufbruchsignal für seinen bisher schwierigen Wahlkampf.
von  dpa

Augsburg - 600 Delegierte sollen über Pläne abstimmen, die einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde und einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent sowie eine Solidarrente von 850 Euro monatlich vorsehen. Zudem will die SPD eine Mietenbremse und ein Milliardenprogramm für Bildung.

Derzeit liegt die SPD in Umfragen nur zwischen 23 und 27 Prozent. Problematisch scheint, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im ZDF-"Politbarometer" sogar beim SPD-Kernthema soziale Gerechtigkeit leichte Vorteile im Vergleich zu Steinbrück hat. Nur 11 Prozent der Befragten halten ihn hier für glaubwürdiger. Die Partei erwartet von Steinbrücks Rede eine Art Aufbruchsignal. In der SPD wird ohnehin betont, bis zur Bundestagswahl seien es noch über fünf Monate.

Steinbrücks erklärtes Ziel ist eine rot-grüne Koalition, für eine große Koalition steht er nicht zur Verfügung, ein Bündnis unter Beteiligung der Linken schließt er aus. Als Gastrednerin wird in Augsburg Grünen-Chefin Claudia Roth erwartet. Die Grünen sorgen sich ob der schwachen SPD-Werte um die erwünschte rot-grüne Koalition. Derzeit hätten von den realistischen Optionen nur eine große Koalition oder ein schwarz-grünes Bündnis eine Mehrheit. Zuletzt hatte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel den Grünen vorgeworfen, bereits heimlich auf ein Bündnis mit der Union zu schielen.

Steinbrück setzt auf eine breite Zustimmung zum Wahlprogramm. "Es geht um mehr Wir und weniger Ich", sagte Steinbrück in Augsburg im Vorfeld des Parteitages. Die zentrale Frage sei, wie die zunehmend auseinanderdriftende Gesellschaft in Deutschland zusammengehalten werden könne. "Ich habe diese SPD in den letzten Monaten ausgesprochen geschlossen erlebt, ausgesprochen kampfesfreudig", betonte Steinbrück.

Erstmals flossen auch Vorschläge der Bürger in das Wahlprogramm ein, darunter auch ein Verbot der Privatisierung im Bereich der Wasserversorgung. Insgesamt wurden aus 40 000 Vorschlägen am Ende elf für das Wahlprogramm ausgewählt.

Steinbrück wollte nicht näher auf die schlechten Umfragewerte eingehen. Dies habe er in den letzten Tagen schon "225 Mal" getan. Auf die Frage, ob jemand Kanzler werden könne, der so wenig Glück habe, antworte er: "Ja". Eine rot-grüne Koalition sei machbar, wenn man entsprechend mobilisiere, betonte der 66-Jährige.

Die rund 600 Delegierten werden in einem Halbkreis sitzen, Steinbrück soll von einem runden Podium aus unmittelbarer Nähe zu ihnen reden - und damit das Wahlmotto "Das Wir entscheidet" unterstreichen. Im Hintergrund sind Aspekte des Wahlprogramms zu sehen - etwa die Stellenanzeige einer Friseurin - als Lohn werden "mindestens 8,50 Euro" genannt. Zudem ist ein Bild vom Abheben an einem Geldautomaten zu sehen - die Partei will die Gebühren im Falle eines Wahlsiegs auf zwei Euro deckeln.

Steinbrück nannte es als seine Aufgabe, die Unterschiede zu Union und FDP herauszuarbeiten. "Diese Regierung klebt Etiketten auf leere Flaschen." Eine Lohnuntergrenze sei etwas anderes als ein flächendeckender Mindestlohn. Den Wahlkampfslogan "Das Wir entscheidet", den auch eine Leiharbeitsfirma seit 2007 nutzt, verteidigte Steinbrück erneut. Die Diskussion darüber hält der Kanzlerkandidat für überzogen. "Haben wir nicht andere Probleme, andere Fragen, die erörtert werden müssen?", fragte er.

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