Steinbrück-Attacke gegen Gabriel belastet SPD

Ein Disput zwischen Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Parteichef Sigmar Gabriel belastet den Start der SPD in die heiße Wahlkampfphase.
von  dpa

Ein Disput zwischen Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Parteichef Sigmar Gabriel belastet den Start der SPD in die heiße Wahlkampfphase.

Berlin - Vor einem Parteikonvent mit 200 Delegierten in Berlin unterstellte Steinbrück Gabriel mangelnde Loyalität.

"Nur eine Bündelung aller Kräfte ermöglicht es der SPD, die Bundesregierung und Frau Merkel abzulösen", sagte Steinbrück dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Ich erwarte deshalb, dass sich alle - auch der Parteivorsitzende - in den nächsten 100 Tagen konstruktiv und loyal hinter den Spitzenkandidaten und die Kampagne stellen."

Hintergrund sind Vorkommnisse bei einer Sitzung der Fraktion am Dienstag, wo Gabriel sich nach Steinbrücks Lesart gegen ihn gestellt habe. Dabei ging es um die Haltung zu Vorschlägen der schwarz-gelben Bundesregierung für die Schaffung einer europäischen Bankenunion. Die Europäische Zentralbank soll in Zukunft rund 150 Institute direkt überwachen, davon etwa 25 in Deutschland. Steinbrück warb für ein Ja, zehn Abgeordnete waren dagegen. Nach Angaben von Teilnehmern warb Gabriel lediglich für ein intensives Beschäftigen mit den Einwänden.

Seit Monaten gibt es in der SPD immer wieder Rufe, in der Europa-Politik mehr klare Kante gegen Union und FDP zu zeigen. Am Donnerstagabend wurden die Pläne vom Bundestag gebilligt. Mitglieder der Fraktion berichteten zudem, dass Gabriel mehr Wahlkampfeinsatz gefordert habe.

"Situationen wie am vergangenen Dienstag in der Fraktion dürfen sich nicht wiederholen", sagte Steinbrück nun dem "Spiegel". Der damit erstmals deutlich öffentlich ausgetragene Disput zwischen Kanzlerkandidat und Parteichef dürfte den Wahlkampf der SPD weiter belasten. Außerdem wird Gabriel ein schwieriges Verhältnis zu dem Bundestagsfraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier nachgesagt. Die drei bilden seit zwei Jahren eine inoffizielle SPD-Troika.

Der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner ermahnte Steinbrück und Gabriel zu Geschlossenheit im Wahlkampf. "Unser Gegner heißt Schwarz-Gelb", sagte Stegner der Deutschen Presse-Agentur. "Die Partei erwartet von der gesamten Führung, dass wir jetzt geschlossen und entschlossen den Kampf aufnehmen." Das gelte auch für das Umfeld. Das Rennen sei auch rund 100 Tage vor der Wahl weiter völlig offen.

In Umfragen kommt die SPD derzeit aber nur auf 24 bis 27 Prozent - das würde derzeit nur für die Juniorrolle in der großen Koalition reichen. Steinbrück hat erklärt, dafür nicht zur Verfügung zu stehen. Sein erklärtes Wahlziel ist ein Bündnis von SPD und Grünen.

Der Parteikonvent ist das letzte große Parteitreffen vor der Bundestagswahl am 22. September. In Berlin sollen die Pläne für kostenlose Krippen- und Kitaplätze im Fokus stehen. Die Beitragsfreiheit entlaste Eltern im Schnitt um bis zu 160 Euro pro Monat und 1900 Euro pro Jahr, heißt es im Leitantrag für das Parteitreffen. Ziel ist mittelfristig eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni. Erstmals wird auch Steinbrücks Frau Gertrud hier öffentlich in Erscheinung treten.

Thema einer Diskussionsrunde mit ihrem Mann wird die Vereinbarkeit von Familien und Beruf sein. Sie ist trotz der Umfragewerte von einem Wahlsieg ihres Mannes überzeugt. "Natürlich glaube ich an ihn, warum sollte ich zweifeln", sagte sie der "Bild am Sonntag". "Weil er - und ich kann das nach 38 Ehejahren nun wirklich beurteilen - hält, was er verspricht, und auch dabei bleibt." Er richte sein Fähnchen nicht nach dem Wind, auch wenn es manchmal einfacher erscheine.

Das Berliner Treffen soll auch den Startschuss markieren für den Beginn des "Tür-zu-Tür"-Wahlkampfes mit mehreren Millionen Hausbesuchen. Zuletzt gab es aber immer wieder offen zu Tage tretende Unterschiede in der SPD-Spitze.

Schon zu Beginn der Woche war die abschließende Vorstellungsrunde der letzten Mitglieder von Steinbrücks zwölfköpfigem Kompetenzteam zur Randnotiz geworden. Die Veranstaltung wurde überlagert von dem Rauswurf des bisherigen Steinbrück-Sprechers Michael Donnermeyer. Nachfolger wurde der langjährige "Bild"-Journalist Rolf Kleine. Am Mittwoch wird Steinbrück in Berlin US-Präsident Barack Obama treffen - die Begegnung soll nach Obamas Rede am Brandenburger Tor stattfinden.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.