Stefanie Krammer im AZ-Interview: "Die Jungen kommen, um die Partei zu retten"

Die Mitgliederzahl der Bayern-SPD ist in den letzten Wochen sprunghaft angestiegen. Laut Juso-Chefin Stefanie Krammer sind unter den neuen Genossen etliche GroKo-Gegner. Das sind die Gründe dafür.
von  Julia Sextl
Stefanie Krammer (30) ist Gewerkschaftssekretärin und seit April 2017 Vorsitzende der Jusos in Bayern.
Stefanie Krammer (30) ist Gewerkschaftssekretärin und seit April 2017 Vorsitzende der Jusos in Bayern.

Mehr als 24.000 Menschen sind seit Januar in die SPD eingetreten. Allein in Bayern waren es bis zum Stichtag 6. Februar fast 3400 neue Mitglieder. Bemerkenswert: Rund 40 Prozent davon sind im Juso-Alter. Die AZ hat mit Bayerns Juso-Frontfrau Stefanie Krammer über die Ziele der Jusos und die Bedürfnisse ihrer Mitglieder gesprochen.

AZ: Frau Krammer, um was für ein Klientel handelt es sich bei den Neumitgliedern?
STEFANIE KRAMMER: Bei uns sind das vor allem Leute in den 20ern. Ungewöhnlich ist aber, dass es hauptsächlich Auszubildende sind oder junge Leute, die ihre Ausbildung gerade abgeschlossen haben. Mein Eindruck ist, dass sie die traditionelle Kernklientel abbilden, die Arbeiterschicht.

Hat Kevin Kühnerts "Nein"-Kampagne sie zum Eintritt in die SPD motiviert?
Sie kommen, glaube ich, um die Sozialdemokraten noch zu retten. Es sind sehr engagierte Leute, die direkt fragten, wie sie sich einbringen können. Viele haben vielleicht schon länger überlegt, beizutreten ...

Österreich als warnendes Beispiel

... und der Mitgliederentscheid gab den entscheidenden Ruck?
Ja, mein Eindruck ist, dass auch die Neumitglieder unserer "Nein"-Kampagne folgen.

Aber gerade Azubis und Arbeiter hätten doch viele Vorteile durch eine GroKo, wie beispielsweise die kostenfreie Meister-Ausbildung.
Ja, das ist nicht Nix - aber es ist nicht genug! Und wir müssen doch auch an die Zukunft denken, nicht nur an die nächsten vier Jahre.

Wie meinen Sie das?
Schauen Sie nach Österreich: Da sehen Sie, was passiert, wenn man vier Große Koalitionen nacheinander macht. Dort ist jetzt eine rechtspopulistische Regierung an der Macht. Zudem haben wir derzeit das historisch schlechteste Umfrageergebnis - auch daran kann man erkennen, wie die Wählerschaft über eine Große Koalition denkt.

"Mir fällt auf, dass viele noch unentschieden sind"

Glauben Sie nicht, die SPD könnte regieren - und sich gleichzeitig erneuern?
Ich glaube, dass der Erneuerungsprozess nicht unbedingt von einem Ja oder Nein zur Großen Koalition abhängt. Die entscheidende Frage ist, wie die SPD mit ihren Positionen umgeht und diese benennt - und dass sie nicht Kompromisse als große Erfolge verkauft. Ich glaube nicht daran, dass die SPD das jetzt anders machen würde als bisher.

Aber regierend könnte sie mehr bewegen, als in der Opposition für Gesetzentwürfe keine Mehrheit zu finden.
Kurzfristig schon, aber wir glauben, dass nach einer Großen Koalition nicht mehr viel kommen wird. Wir kämpfen dafür, dass wir wieder Mehrheiten erringen, mit denen wir etwas bewegen können - und nicht nur bruchstückhaft an irgendetwas herumdoktern.

Was glauben Sie - wie geht die Abstimmung aus?
Ich glaube, dass es sehr, sehr knapp wird. Mir fällt auf, dass viele noch unentschieden sind.

Und die Jusos in Bayern?
Die stehen ganz klar mit ihrer Stimme dagegen. Wir haben keinen einzigen Abweichler.
 

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