Staatsregierung will Biogas-Stopp verhindern
Die geplante Kostenbremse beim Atomausstieg wird in Bayern nicht nur die Windkraft bremsen. Der Ausbau der Biogas-Anlagen wird voraussichtlich fast vollständig zum Erliegen kommen.
München - Die Staatsregierung will den in Berlin geplanten weitgehenden Stopp des Biogas-Ausbaus verhindern. „Da muss noch nachgebessert werden“, sagte Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU) nach der Kabinettssitzung am Dienstag. Es sei eine „klare Interessenlage des Südens“, Biogas im Verhältnis zu den anderen erneuerbaren Energien stärker zu gewichten. Dazu werde es Gespräche „auf höchster Ebene“ geben. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will im Rahmen der geplanten Kostendämpfung beim Ausbau der erneuerbaren Energien den Neubau von Biogas-Anlagen auf bundesweit 100 Megawatt im Jahr beschränken und die Zuschüsse drastisch kürzen.
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollte den Ausbau von Biogas in Bayern eigentlich forcieren – unter anderem, weil nach wie vor kein Energiekonzern in konventionelle Gaskraftwerke als Ersatz für Atomstrom investieren will. Schon die letzte Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hatte aber einen drastischen Einbruch beim Bau neuer Biogas-Anlagen verursacht – 2011 gab es bundesweit noch mehr als 1300 neue Bio-Kraftwerke, 2012 waren es nur noch 340.
Die Pläne von Gabriel würden den Biogas-Ausbau aller Voraussicht nach weiter bremsen. Biogas ist die teuerste Form der erneuerbaren Energien, außerdem gibt es seit Jahren wegen der viel kritisierten „Vermaisung“ der Landschaft kontroverse Diskussionen um den Anbau von Mais als Brennstoff. Gabriel plant neben der Beschränkung des Ausbaus zwei weitere Einschnitte: So soll nur noch die Verbrennung von Abfall und Reststoffen bezuschusst werden.
Und modernisiert ein Bauer seine Biogas-Anlage, soll er künftig nur noch gekürzte Zuschüsse erhalten. „Das muss noch etwas umgestaltet werden“, sagte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Bestehende Anlagen müssten auch bei einer Modernisierung mit den bisherigen Fördersätzen bezuschusst werden.
Prinzipiell begrüßte die Staatsregierung Gabriels Pläne zur Energiewende als „sehr guten Schritt in die richtige Richtung“. Die Bundesregierung will die Eckpunkte der EEG-Novelle bei ihrer bevorstehenden Klausur noch in dieser Woche beschließen.
Gabriels Vorlage sieht für alle erneuerbaren Energien eine Kürzung der Einspeisevergütung von derzeit durchschnittlich 17 auf 12 Cent vor. Außerdem will die schwarz-rote Koalition den Bau von Windrädern an schlecht geeigneten Standorten nicht mehr bezuschussen. In Bayern wird daher voraussichtlich nicht nur der Ausbau der Biomasse weitgehend zum Erliegen kommen, sondern auch der Bau neuer Windräder.
Die Windrad-Bremse zieht schon vor den entscheidenden Beschlüssen der Bundesregierung ein großkoalitionäres Schwarzer-Peter-Spiel nach sich. Der SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold schob die Verantwortung am Dienstag der CSU zu: Nicht Gabriels Pläne, sondern die von der CSU geplanten größeren Mindestabstände für Windräder würden den Ausbau der Windenergie in Bayern zum Erliegen bringen. „Horst Seehofer hofft, dass er den Schwarzen Peter nach Berlin schieben kann“, sagte Pronold.
Laut Koalitionsvertrag sollen Zuschüsse nur noch für die Windräder gezahlt werden, die mindestens 75 Prozent der Leistung eines guten Standorts bringen. In Gabriels Eckpunkten für das neue EEG-Gesetz sind diese Referenzwerte aber nicht ausdrücklich genannt. Pronold sagte deswegen: „Die Referenzwerte werden nicht dazu führen, dass wir die Windenergie in Bayern nicht mehr haben.“ Die Staatsregierung aber geht davon aus, dass der Koalitionsvertrag zählt, wie Aigner nach der Kabinettssitzung sagte.
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann warf der Seehofer-Regierung anschließend einen „generellen Anti-Windkraft-Kurs“ vor. SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen prophezeite: „Ohne die Windkraft kann die CSU den Anteil des Atomstroms in Bayern von 47 Prozent niemals ersetzen.“