Spitzelvorwürfe: Seehofer feuert Büroleiter

Es war ein Machtkampf unter Männern: Markus Zorzi soll versucht haben, in den Dienstcomputer seines Nachfolgers einzudringen. Jetzt hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) seinen Büroleiter mit sofortiger Wirkung entlassen - nach gerade drei Monaten im Amt.
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Markus Zorzi und Horst Seehofer
dpa Markus Zorzi und Horst Seehofer

MÜNCHEN - Es war ein Machtkampf unter Männern: Markus Zorzi soll versucht haben, in den Dienstcomputer seines Nachfolgers einzudringen. Jetzt hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) seinen Büroleiter mit sofortiger Wirkung entlassen - nach gerade drei Monaten im Amt.

Es ist gerade drei Jahre her, da erschütterten die schmutzigen Tricks der bayerischen Staatskanzlei den Freistaat. Es ging um Sex, Alkohol und Macht. Die schöne Landrätin Gabriele Pauli wurde von einem Spitzenbeamten ausspioniert – das Ende von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber. Mittlerweile regiert in der Staatskanzlei Horst Seehofer. Und auch er hat schon wieder einen Spitzelskandal am Hals. Am Montag abend musste er seinen Büroleiter Markus Zorzi feuern.

Diesmal geht es um einen Machtkampf unter Männern. Zorzi soll versucht haben, seinen Nachfolger als CSU-Landesgeschäftsführer, Bernhard Schwab, auszuspionieren. In der Staatskanzlei heißt es, er habe in den Dienst-Computer in der CSU-Zentrale eindringen wollen, um auf das E-Mail-Postfach von Bernhard Schwab zuzugreifen.

Erst vor drei Monaten war Zorzi von seinem Spitzenposten in der Landesleitung an der Nymphenburger Straße in das Büro des Ministerpräsidenten gewechselt. Zuvor war er sechs Jahre Landesgeschäftsführer der CSU.

Als seinen Nachfolger hatte Seehofer den Berlin-Statthalter Bernhard Schwab in die Parteizentrale nach München geholt und damit ein fatales Spannungsfeld geschaffen. Schwab war der Sprecher von Edmund Stoiber und der engste Vertraute des bisherigen obersten Beamten in der Staatskanzlei Martin Neumeyer, der inzwischen ins Landswirtschaftsministerium versetzt wurde.

Stoibers Küchenkabinett

Die beiden Spezl galten als Stoibers Küchenkabinett, das dem Ministerpräsidenten nicht nur dienen, sondern vor allem selbst Politik machen wollte. Neumeyer galt in der Staatskanzlei als Rasputin, der seinen Beamten-Spezln die Anweisungen gab. Noch heute soll er, so ist aus der CSU-Zentrale zu hören, mehrmals täglich mit Bernhard Schwab telefonieren.

Zorzi, der als braver Beamter und ausgezeichneter Stratege galt, der seine eigenen Interessen nie in den Vordergrund stellte, war sich mit dem Duo Neumeyer/Schwab noch nie grün. Er misstraute ihnen. Offensichtlich wollte er nun aus der Staatskanzlei kontrollieren, was Schwab in der CSU-Leitung so treibt und versuchte deshalb in den Computer der Partei-Spitze zu kommen. Als die Sache aufflog, zog Seehofer sofort die Konsequenzen und trennte sich von Zorzi.

Die Staatskanzlei erklärte am Dienstag kurz und bündig: „Der Leiter des Büros des Ministerpräsidenten wurde wegen eines Dienstvergehens von seinen Aufgaben entbunden. Ein Disziplinarverfahren wird eingeleitet. Erst vor zwei Wochen hatte Zorzi seine Sekretärin aus der CSU-Zentrale in die Staatskanzlei nachgeholt. Für Seehofer ist es bereits der zweite Bürochef, der gehen musste. Im vergangenen Sommer hatte er Gerhard Reichel entlassen.

Angela Böhm

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