Spielfeld für seine Kronprinzen Dobrindt, Söder und Aigner
Bayerns Versorgung mit dem schnellen Internet wird zum Machtfaktor und zur Messlatte: Seehofer sortiert das Verhältnis seiner möglichen Nachfolger.
MÜNCHEN Beim Ausbau der Datenautobahn im Freistaat befand sich die Staatsregierung bisher eher auf der Kriechspur. Nun wird das Tauziehen ums Internet-Kabel zum Machtspiel für Horst Seehofer. Dabei geht es vor allem um die Kronprinzen-Frage.
Seehofer will seinen Finanzminister Markus Söder ausbremsen, der sich seit Herbst „Chef-Digitalisierer“ nennen darf. Am Freitag, beim IT-Gipfel mit Top-Managern in der Residenz, übertrug er die Federführung für die Digitalisierung Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Sie soll künftig alle Beteiligten vernetzen. Das hatte er ihr schon Mitte der Woche versprochen.
Der Franke, der sich schon als kommender Ministerpräsident gibt, ist Seehofer zu selbstbewusst und anmaßend geworden. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat Söders frecher Maibock-Auftritt. Auch beim IT-Gipfel hat er es schon wieder auf die Spitze getrieben.
Nach dem Treffen präsentierte Seehofer gemeinsam mit seinem „Bundesminister für Mobilität und Modernität“, Alexander Dobrindt, wie er Bayern nun zur „Leitregion für den Digitalen Aufbruch“ machen wird. Das sei der „Startschuss für eine gemeinsam getragene Strategie Bayern digital“. Bei der Pressekonferenz im prunkvollen Vier-Schimmel-Saal schmückte sich der Ministerpräsident mit dem Vorstandsvorsitzenden der Telekom, Timotheus Höttges, und Manuel Cubero von Kabel Deutschland.
Allerdings hatte Söder schon alles in Bewegung gesetzt, um Seehofer und Dobrindt Konkurrenz zu machen. Er ließ eine Kabelrolle und einen Bauwagen nach Maria Thalheim, dem ältesten Marien-Wallfahrtsort bei Erding, schaffen. Auf der inszenierten Baustelle unterschrieb Telekom-Chef Höttges, der sich noch während Seehofers Pressekonferenz verabschiedete und zu Söder aufs Land eilte, den 5000. Kooperationsvertrag mit einer Kommune zum Breitbandausbau. So setzte sich Söder mit einem der wichtigsten Manager Deutschlands für die Kameras in Szene.
Aigner ist zurückhaltender, obwohl sie seit ihrem Amtsantritt im Herbst ins Hintertreffen geraten ist. Als Siemens-Chef Joe Kaeser sie über den Umbau seines Konzerns informierte, verriet sie nichts über das Treffen. Dabei hatte der Top-Manager sie offenbar inspiriert. So wie Kaeser Siemens wolle sie ihr Wirtschaftsministerium fit machen für die digitale Zukunft und eine eigene Digitalisierungsabteilung schaffen, sagte sie. Söder gab sich am Freitag gönnerhaft und ein bisserl hämisch: „Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir den Bereich digitale Wirtschaft, der bei der Ilse ist, stärker und neu beleben.“
Wer allerdings bei dem Thema die Nase vorne hat, zeigte sich diese Woche bei der Fraktionssitzung der CSU zum Thema Digitalisierung. Aigner hatte die Diskussion mit ein paar einführenden Sätzen eröffnet. Söder meldete sich als Letzter. „Er hat mit viel Kompetenz geredet und Beifall erhalten“, so ein Teilnehmer. Bei Aigner dagegen habe niemand geklatscht.
„Hat Horst Seehofer seinen eigenen Startschuss für die Digitalisierung vor sechs Jahren nicht gehört?“, wundert sich SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Schon in seiner Regierungserklärung 2008 hatte der Ministerpräsident versprochen, Bayern solle bis 2011 mit schnellem Internet versorgt sein.
Das wichtige Zukunftsprojekt dürfe jetzt nicht für parteiinterne Machtkämpfe missbraucht werden, warnt der Chef der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann. "Seehofer & Co. haben eine ganze Legislaturperiode verschlafen."