SPD widerspricht Merkel bei «Aufbau West»

Der zuständige Minister meint, dass der Westen nicht benachteiligt worden sei. Doch der Städtetag Nordrhein-Westfalen gibt der Kanzlerin Recht und klagt über großen Sanierungsbedarf in der Infrastruktur.
von  Abendzeitung
Nach Meinung von Tiefensee wurde der Osten nicht bevorzugt
Nach Meinung von Tiefensee wurde der Osten nicht bevorzugt © AP

Der zuständige Minister meint, dass der Westen nicht benachteiligt worden sei. Doch der Städtetag Nordrhein-Westfalen gibt der Kanzlerin Recht und klagt über großen Sanierungsbedarf in der Infrastruktur.

In der SPD gibt es Kritik am Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Westdeutschland bei Infrastrukturprojekten besonders zu fördern. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Klaas Hübner, sagte der Berliner Zeitung: «Eine Priorisierung des Westens ist nicht sinnvoll.» Ostdeutschland habe in manchen Feldern gerade einmal den Anschluss an den Westen geschafft. «Es wäre falsch, jetzt wieder den alten Vorsprung des Westens herzustellen.» Der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) reagierte zurückhaltend. «Die Belange ostdeutscher Länder müssen angemessen berücksichtigt werden», sagte er der Zeitung zufolge.

Der für den Aufbau Ost zuständige Minister Wolfgang Tiefensee (SPD), bekräftigte die Äußerungen seiner Parteifreunde: «Wir haben den Westen nicht außer acht gelassen.» Bei der Förderung für Ostdeutschland gehe es nicht um Bevorzugung, sondern um die Erfüllung des Solidarpaktes zur Behebung flächendeckender Strukturschwächen. Beim Konjunkturprogramm richte sich die Regierung dagegen streng nach der Länderquote, sagte der Verkehrsminister: «Hier wird niemand benachteiligt.» Merkel hatte dem Magazin «Cicero» gesagt: «Wenn wir in der Bundesregierung finanzielle Anreize zur Förderung von Investitionen in den Blick nehmen, wird es eine Rolle spielen, dass der Westen seit der Wiedervereinigung relativ hinter dem Osten zurückstehen musste. Der Westen ist jetzt verstärkt am Zuge.»

«Erheblicher Sanierungsbedarf im Westen»

Der Städtetag Nordrhein-Westfalen hat Bedarf für einen «Aufbau West» angemeldet. «Viele Städte in den alten Ländern haben erheblichen Erneuerungsbedarf bei der Infrastruktur, etwa bei der Sanierung von Schulen, Sportstätten, Kindergärten und Krankenhäusern. Deshalb ist es gut, wenn jetzt bei der Förderung von Investitionen verstärkt der Westen in den Blick genommen werden soll», sagte der Vorsitzende des Städtetages NRW, Norbert Bude, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Bude (SPD) ist Oberbürgermeister von Mönchengladbach. Er reagierte auf Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich für verstärkte Investitionen in den westlichen Bundesländern aussprach. Der Bund muss nach Meinung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bei dem geplanten zweiten Konjunkturpaket mehr Lasten als beim ersten übernehmen. Wowereit erinnerte am Donnerstag im Inforadio des RBB daran, dass die Länder beim ersten Programm überproportional betroffen gewesen waren. Er erwarte nun, dass es Maßnahmen des Bundes geben werde, die in den Ländern wirkten, aber nicht automatisch von ihnen mitfinanziert werden müssten. Am Nachmittag treffen die Ministerpräsidenten der Länder im Bundeskanzleramt mit der Kanzlerin zusammen, um über ein neues Konjunkturpaket zu beraten.

Steinbrück fordert niedrigere Sozialbeiträge

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat sich für eine Senkung der Sozialabgaben ausgesprochen. «Steuersenkungen bringen nicht viel und entlasten die Falschen», sagte der SPD-Politiker der «Bild»-Zeitung. «Sie bevorzugen nur die oberen Einkommen, die ohnehin die höchste Sparquote haben.» Es sei viel sinnvoller, gerade bei den unteren Einkommen die Sozialabgaben zu senken. Der Finanzminister sagte nach Angaben des Blatts weiter, statt Konsumgutscheinen, mit denen das Geld nur verbrannt werde, «brauchen wir Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Logistik, Kommunen und Energieeffizienz.» Damit werde das Land modernisiert. Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, erwartet angesichts der Wirtschaftskrise 500.000 zusätzliche Arbeitslose im kommenden Jahr. «Wir rechnen insgesamt mit etwa einer halben Million zusätzlicher Arbeitsloser bis zum Dezember 2009. Erst 2010 dürfte die Arbeitslosigkeit die Vier-Millionen-Marke überschreiten», sagte Sinn der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post».

«Deutschland ist besser gerüstet»

Die Haushaltspolitik von Finanzminister Steinbrück verteidigte der Wirtschaftsforscher trotz einer wahrscheinlichen Rekord-Neuverschuldung. «Peer Steinbrück ist nicht gescheitert, im Gegenteil. Wegen der Ausgabendisziplin sind wir bessser als die meisten anderen europäischen Länder für eine Kojunkturspritze gerüstet», so Sinn. Abgesehen von 2000 sei 2008 vermutlich das erste Jahr seit 1989, in dem der Staat keine neuen Schulden mehr gemacht habe, sagte Sinn. (dpa/AP)

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