SPD-Parteitag: So will die SPD in München zurück in die Erfolgsspur
München - Tränen sind nur eine Randnotiz beim SPD-Parteitag im Gewerkschaftshaus. Die ehemalige Sozialreferentin Brigitte Meier ist sichtlich gerührt, als sie von den Parteifreunden verabschiedet wird. Wie anders war das doch vor zwei Jahren. Die SPD war von den Wählern abgestraft worden, nur noch zweitstärkste Kraft im Stadtrat. Unter Tränen erklärte ein angeschossener Hans-Ulrich Pfaffmann seinen Rücktritt als Münchner SPD-Boss. Zurück blieb eine zutiefst verunsicherte, persönlich und politisch zerstrittene Partei.
Die Zeiten sind vorbei – das zumindest ist das Signal, das die neue Parteichefin Claudia Tausend und Oberbürgermeister Dieter Reiter zwei Jahre später vom Parteitag senden wollen. Die Ergebnisse der Vorstandswahlen sprechen in ihrer Eindeutigkeit dafür, dass die Münchner SPD vorerst befriedet ist. Der Oberbürgermeister wirbt dafür, weniger öffentlich zu streiten, sich als SPD selbstbewusster zu geben – und dafür, mehr auf die Sorgen der kleinen Leute einzugehen.
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Die SPD will wieder mehr auf das München-Gefühl setzen
Heftige Attacken auf den Koalitionspartner CSU bleiben weitgehend aus – anders als im Vorfeld aus dem SPD-Vorstand angedeutet. Die Parteispitze will künftig wieder stärker die Unterschiede zur CSU betonen. München sei erfolgreich nicht wegen, sondern trotz der CSU, ruft auch Reiter. Die CSU rede vor Ort Projekte schlecht, die man gemeinsam beschlossen habe. Er sei „bestürzt“, dass Bürgermeister Josef Schmid geäußert habe, den Wohnungsbau nicht mehr immer für die oberste Priorität zu halten. All das klingt recht harmlos. Reiter will offenbar in Ruhe weiter regieren und noch nicht in den Wahlkampf-Modus schalten.
Der OB ruft seine Partei zur Einigkeit auf. „Natürlich darf man auch den Oberbürgermeister kritisieren“, sagt Dieter Reiter. „Aber man muss auch miteinander Kompromisse finden.“ Gemeinsam arbeiten heiße dann eben auch, die Lösungen nach außen zu vertreten. Der OB hat selbst nie ein Parteiamt innegehabt, scheint mit dem Apparat manchmal zu fremdeln. Am Samstag gibt er sich alle Mühe, den Genossen das Herz zu wärmen, lobt die SPD ausführlich, nennt sie wie früher wieder „die München-Partei“. Reiter wirbt dafür, Erfolge der Stadt deutlicher als Erfolge der SPD zu verkaufen. „Wir müssen den Menschen erklären, dass es ihnen so gut geht, weil wir seit vielen Jahren die Stadt gestalten.“
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Schwerpunkt Kriminalitätsbekämpfung
Einen Schwerpunkt will Reiter auf die Kriminalitätsbekämpfung legen. „Das Thema Sicherheit war noch nie so allgegenwärtig wie jetzt in unserer Stadt“, sagt er. „Die Menschen wollen sich sicher fühlen. Deshalb müssen wir uns auch damit beschäftigen.“ Der OB wirbt für mehr Polizei – und redet der polizeikritischen SPD-Linken ins Gewissen. „Die Münchner wollen uniformierte Polizisten sehen – das können wir nicht kritisieren.“ Reiter wirbt auch für bessere Beleuchtungen von Unterführungen, für mehr Videoüberwachung (siehe auch rechte Seite zur Situation am Hauptbahnhof). Am Rande des Parteitags sagt Reiter später aber auch, Videoüberwachung müsse „temporär sein und demokratisch legitimiert“.
Die Partei beginnt, sich auf die kommenden Wahlkämpfe einzustellen. Dieter Reiter will weiter auf Wohnungsbau und Mieterpolitik setzen. Er schwärmt vom „größten Wohnungsbauprogramm“ überhaupt, das die Stadt verabschiedet habe, betont, dass „Wohnraum nicht zum Luxusgut werden darf“. Die SPD will auch wieder mehr Emotionen ansprechen. „Du verkörperst ganz persönlich das Münchner Lebensgefühl“, ruft Claudia Tausend ihrem Oberbürgermeister zu. Viel sei zu lesen gewesen über die Abgehobenheit der politischen Klasse, mahnt Tausend. Mit ihrem Zugpferd Dieter Reiter wollen die Sozialdemokraten wieder näher ran an die Münchner.