SPD-Landeschef Florian Pronold: "Ich schlucke viel runter"

Der Bayern-SPD droht ein Duell der „Milchbubis”: SPD-Politwunder Adam nimmt seine Kritik an Landeschef Florian Pronold nicht zurück. Die AZ sprach mit dem Gescholtenen
von  Angela Böhm

Der Bayern-SPD droht ein Duell der „Milchbubis”: SPD-Politwunder Adam nimmt seine Kritik an Landeschef Florian Pronold nicht zurück. Die AZ sprach mit dem Gescholtenen

MÜNCHEN Seine Stimme klingt gedämpft. Als Landesvorsitzender wollte Florian Pronold (39) mit Christian Ude die SPD in Bayern an die Macht führen. Ihm, den Niederbayern, den sie so gerne als „Milchbubi” verspotten, sollte gelingen, was all seinen Vorgängern ein halbes Jahrhundert als aussichtslos galt. Aber der Sturm auf die Staatskanzlei ist abgeflaut. Den Genossen droht der Rückfall in ihre einstige Lieblingsbeschäftigung: Sie beginnen sich zu zerfleischen. Pronold ist machtlos: „Ich schlucke viel runter, um der Partei zu dienen.”

Der Streit mit dem Regener Landrat Michael Adam (AZ berichtete) droht zum Duell der roten „Milchgesichter” zu werden. Das erst 27-jährige Politwunder will von seiner Facebook-Kritik nichts zurücknehmen. Nur: Dass sie nicht für die Öffentlichkeit gedacht war und er auf den falschen Knopf gedrückt habe.

Zu den Vorwürfen Adams will sich Pronold nicht äußern: „Wir hatten bis zum Sonntag eine sehr, sehr große Geschlossenheit und die Beschäftigung mit dem politischen Gegner und nicht mit uns selber. Als „Ballast” muss sich der Landesvorsitzende jetzt vom Landrat, der schon zwei Mal die CSU entmachtet hat, beschimpfen lassen. An einen Machtwechsel in Bayern glaubt Adam offensichtlich nicht mehr – mit Pronold an der Parteispitze. Einen Führungswechsel fordert jetzt auch der Vize der bayerischen Jusos, Thomas Asböck. Ude solle die Partei übernehmen.
In der SPD geht es wie schon immer um Selbstdarstellung und Eifersüchtelei: Pronold drängt sich in den Vordergrund, um nicht im Schatten Udes zu verblassen.

Ende August adelt Altbundeskanzler Helmut Schmidt den Wahlkampf. Mit Ude sitzt er auf der Bühne des Münchner Volkstheaters - und warten. Erst kommt noch Pronold mit einer Standard-Rede, die keiner hören will.

Ende Oktober, beim 65.Geburtstag von Ude im Augustiner Keller, richtet sich die Sitzordnung nach Pronold. Hannelore Kraft, die SPD-Ministerpräsidentin aus NRW, kommt im Dirndl. Am Tisch des Jubilars sitzen darf sie als Stargast nicht. Sie muss zu Pronold, weil der als Landeschef protokollarisch über dem OB steht.

Pronold werde „in der Öffentlichkeit als kleinkarierter Besserwisser wahrgenommen”, ätzt sein Sprecher schon Ende Juli, nachdem ihn der Partei-Chef fristlos gefeuert hatte. Adam giftet in seinem Facebook-Eintrag: Erst seit Pronold wisse, dass er, Adam, in der Kommunalpolitik bleibe und „keine Gefahr mehr darstelle”, sei er in der Öffentlichkeit der Größte. Pronold findet solche Beobachtungen „infam”. „Wer mich ein bisschen kennt, der weiß, wie ich bin”, sagt er betroffen. „Ein Landesvorsitzender nimmt gerade in einer solchen Situation wie der aktuellen sehr viel auf seine Kappe.”

Dankbarkeit erwartet er nicht. Auch wenn er es war, der mit einem Team die alte Tante SPD in Bayern modernisierte, seit er 2009 ihren Vorsitz übernahm. Im vergangenen Jahr gelang ihm der große Coup, als er Ude überredete, gegen Seehofer anzutreten. Bei dessen erstem politischen Aschermittwoch in Vilshofen war die kleine SPD plötzlich auf Augenhöhe mit der großen CSU in Passau.
„Wir haben seit einem Jahr eine veränderte Bayern-SPD”, erklärt Pronold. Bis zu Adams Zornausbruch via Facebook.

Jetzt will der Parteichef schnell wieder zur Geschlossenheit zurückfinden: „Das ist die Voraussetzung für einen Wechsel.” Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GMS von Ende Oktober liegt die CSU weiter bei 48 Prozent. Das Dreierbündnis SPD (20 Prozent), Grünen (10) und Freien Wählern (8) kommt auf nur 38 Prozent. Die FDP auf fünf Prozent. Finanziert hat die Umfrage die CSU-nahe Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Die GMS stand bei der CSU in Lohn.

Dass sie die Realität wiederspiegelt, glaubt Pronold nicht: „Ich bin keiner, der sich die Welt schön redet. Das beweist auch die Nervosität der CSU.” Es schadet der SPD, wenn man Selbstbeschäftigung betreibt warnt er. „Christian Ude nützt das nicht.” Am Samstag wollen sich Pronold und Adam treffen.

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