SPD-Bundestagsfraktion will Ude Rückenwind verschaffen
MÜNCHEN Der schönste Platz für ein Münchner Frühstück ist das gerade nicht: Im allerhintersten Eck der Katakomben unter OB Christian Udes Rathaus liegt der Bacchus-Keller. Von der Decke lacht beschwipst und weinbekränzt der Gott des Rausches. In der griechischen Mythologie war er bekannt dafür, dass sein Gefolge viel Lärm veranstaltete. Um ihn herum schauen vom Gewölbe die Gesichter der alten D-Mark herunter. Ob die Bayern-SPD wohl an diese Symbolkraft gedacht hat, als sie gestern dort Frank Walter Steinmeier mit der Spitze der Bundestagsfraktion zu Kaffee, Hörnchen, Schnecken und Butterbrezn empfing?
Für einen Tag waren die Berliner extra nach München gekommen, um hier in Klausur zu gehen – und Seehofer-Herausforderer Christian Ude Rückenwind zu verschaffen. Vor allem mit dem Thema Euro und Griechenland.
„Die Gegner von Christian Ude sind etwas außer Form geraten, wenn ich das aus Bundessicht mal sagen darf”, legt Steinmeier gleich los. Seehofer greift er frontal an. Die CSU handle „ohne Rücksicht, ob uns Deutschen das nützt oder schadet”. So, wie Söder, Seehofer und Dobrindt mit dem Europa-Thema umgingen, könne und dürfe man das nicht machen. „So kommen wir Lösungen nicht näher”, warnt Steinmeier. „Im Gegenteil. Es löst Stimmungen aus im deutschen Volk, die uns und Europa nicht helfen.”
Christian Ude hat da in Bayern schon seine Erfahrungen gemacht: „Im Bierzelt kommt ,Griechenland raus!’ besser an, als wenn man den Menschen die Situation erklärt.”
Neugierig auf die Freien Wähler mit ihrem Anti-Europa-Kurs ist Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. „In Bayern sind die schon für ein zweistelliges Ergebnis gut”, erklärt Ude den Parteifreunden aus dem Bundestag. Und auch bundesweit könnten sie Stimmen holen. „Wenn sie dem konservativen Lager drei bis vier Prozent abnehmen, sind sie wahlentscheidend”, analysiert Oppermann freudig.
Die Grüße von Hannovers SPD-OB Stephan Weil überbringt Ex-Generalsekretär Hubertus Heil. Udes Amts- und Parteikollege will in Niedersachsen bei der Landtagswahl im Januar 2013 die CDU ablösen. Thorsten Albig, der OB von Kiel, hat das in Schleswig-Holstein schon geschafft. „Er war der Erste des Trio Infernale”, gerät Ude da ins Schwärmen. „Bei ihm haben sie auch gesagt, ein Großstadtbürgermeister kommt auf dem Land nicht an.”
Für einen Moment scheint Bacchus, der Gott des Rausches, von der Decke herunter Christian Ude, den Seehofer-Herausforderer, anzustecken: „Wenn’s bei Weil auch klappt”, träumt der SPD-Spitzenkandidat, „dann könnte man ja glatt von einer Gesetzmäßigkeit reden”. Was bedeuten würde: Ude, als Dritter im roten Bunde, vertreibt Seehofer aus der Staatskanzlei.
Aber so weit ist es noch nicht. Und die Genossen aus Berlin haben in diesem Moment ganz andere Wünsche beim „Münchner Frühstück”. Werden hier keine Weißwürste serviert, proben sie den Aufstand gegen Hörnchen und Schnecken. Früher lästerten sie über die schwächelnden Genossen im Freistaat: „Das Kreuz des Südens.” Das will jetzt keiner mehr in den Mund nehmen. Steinmeier: „Wir reden darüber, dass die Menschen ihr Kreuz bei der Bayern-SPD machen.”
Die folgt brav. Ihr Vorsitzender Florian Pronold: „Wenn ihr unbedingt Weißwürste wollt, dann bestellen wir halt welche.”