SPD attackiert Guttenberg: "Dieser Baron da aus Bayern"
BERLIN - Paul Kirchhof reloaded: Die SPD erwägt, Wirtschaftsminister Guttenberg im Bundestagswahlkampf als kalten Neoliberalen zu verteufeln. Es sprechen aber vier gute Gründe dafür, dass die Genossen mit dem cleveren CSU-Mann nicht so einfaches Spiel haben werden wie mit dem "Professor aus Heidelberg".
Gerhard Schröder machte den Anfang. Der Altkanzler setzte auf einer SPD-Kundgebung im Europawahlkampf zur verbalen Grätsche gegen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg an: „Graf isser ja nun nich', dieser Baron da aus Bayern", ätzte Schröder im herablassenden Tonfall über den CSU-Shootingstar – und löste so im Unions-Lager Besorgnis aus.
Die SPD könnte im Bundestagswahlkampf versucht sein, mutmaßen schwarze Strippenzieher, Guttenberg den Stempel des kaltherzigen Neoliberalen aufzudrücken – und ihn zu einem blaublütigen Wiedergänger des unglücklichen Watschenmanns Paul Kirchhof zu stilisieren.
Im Wahlkampf 2005 hatte Schröder den im Schattenkabinett Bundeskanzlerin Angela Merkel zunächst als Finanzminister vorgesehenen Steuerexperten auf den Marktplätzen unter Gejohle und Pfiffen als „diesen Professor aus Heidelberg“ verhöhnt und zum Feindbild jedes Sozis gestempelt. Dabei hatte der Ex-Verfassungsrichter nur Vorschläge für eine große Steuerreform gemacht.
Es gibt keine Kampagne gegen Guttenberg“, wiegelt der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, Johannes Kahrs, gegenüber der AZ zwar ab, lästert dann aber richtig los: „Der macht seinen Job nicht richtig.“ Während die SPD „einen vernünftigen industriellen Kern erhalten“ wolle, ziehe sich Guttenberg „auf einen rein marktwirtschaftlichen Standpunkt“ zurück. Das Land brauche einen Wirtschaftsminister, „der sich hinstellt und mit Herz und Engagement überlegt, wie möglichst viele Arbeitsplätze erhalten werden können“.
Der Minister hat gute Umfragewerte, gute Presse - und ist ausgebufft
Ob es der SPD jedoch gelingt, den in der Bevölkerung bereits sehr populären Guttenberg als „Insolvenz- und Abwrackminister“ dem Gespött preiszugeben, darf aus mehreren Gründen bezweifelt werden: Erstens ist der Freiherr aus Franken kein akademischer Polit-Frischling – er kennt nicht erst seit dem Kronprinzengerangel mit Markus Söder die Trickkiste des Geschäfts. Zweitens hat sich der Minister in Berlin Respekt erworben, indem er den eigenen Chefs die Stirn zeigte: Im Kampf gegen Staatshilfen für Opel und Arcandor legte er sich mit Kanzlerin, CSU-Chef und Ministerpräsidenten an.
Drittens hat Guttenberg zumindest derzeit gute Presse: Die „SZ“ überschreibt Leitartikel mit „Guttenberg hat recht“, „Stern“-Mann Hans-Ulrich Jörges jubelt den Minister zur „authentischen, aufrechten Gestalt“ hoch, die „die größte politische Entdeckung seit Bundeskanzlerin Angela Merkel“ sei, und „Bild“ lässt den Hauspoeten Franz Josef Wagner gar einen Liebesbrief an Guttenberg schreiben: „Ich denke, dass wir Deutschen eine Sehnsucht haben nach einem Politiker, der uns die Wahrheit sagt. Sie könnten dieser sein.“
Viertens schließlich fällt es SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier viel schwerer als Schröder, den rhetorischen Säbel auszupacken. Der Außenminister nennt Guttenberg bislang diplomatisch verbrämt „einen nicht ganz einfachen Partner“ und tut vornehm kund, dass ihn „manches Insolvenzgerede“ geärgert habe.
Markus Jox