Sparkurs oder Ärger? Seehofer hat ausgefeiert
MÜNCHEN - Das Anzapfen in Berlin und das Neujahrsdefilee in München soll gestrichen werden. Ist das der neue Sparkurs? Oder hat sich der CSU - Chef nur über Karl -Theodor zu Guttenberg geärgert?
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer ist offensichtlich die Lust am Feiern vergangen: In der Bundeshauptstadt will er das traditionsreiche Oktoberfest vor dem roten Rathaus streichen, daheim in der Landeshaupt den rauschenden Neujahrsempfang in der Residenz. Offiziell argumentiert er mit dem geplanten Sparkurs für Bayern. Hintergrund dürfte jedoch sein: Seehofer hatte sich geärgert, weil ihm Karl-Theodor zu Guttenberg auf dem Berliner Oktoberfest die Show gestohlen hatte. Und der Neujahrsempfang in der Residenz ist ihm eh zuwider.
In der Vorbesprechung zum Kabinett überraschte er seine CSU-Minister. Das Oktoberfest in Berlin bringe eh nichts, grantelte Seehofer. Und den Neujahrsempfang könne man auch gleich mit abschaffen. Damit würde man mehrere hunderttausend Euro sparen und die Welt gehe deswegen auch nicht unter.
Das Oktoberfest in Berlin galt bisher als weiß-blaue Leistungsschau. Dort demonstrierte die CSU-Regierung jedes Jahr vor über 2000 Gästen ihre Mir-san-mir-Kultur. Das staatliche Ozapfen war schon Tradition, als der Bundestag noch in Bonn residierte. Für Horst Seehofer aber wurde das Spektakel heuer zum Flop. Löwenbräu war als Sponsor abgesprungen. Paulaner wollte nicht den ganzen Empfang zahlen. Der bayerische Steuerzahler musste 80000 Euro drauflegen. Der Wirt kam aus Franken, die Bierzeltkapelle aus Niedersachsen. Und funktioniert hat so gut wie nichts. Das wär alles noch zu verkraften gewesen. Doch während sich der bayerische Ministerpräsident verspätete, schossen seine Gebirgsschützen für Karl-Theodor zu Guttenberg Salut. Er wurde mit dem bayerischen Defiliermarsch empfangen und wie ein Superstar gefeiert. Und um Seehofer kümmerte sich keiner mehr, als der endlich eintraf. Das sitzt tief.
Ärger gab’s auch beim Neujahrsempfang in München. Dort hatte Seehofer 2009 seine gesellschaftliche Feuertaufe als Ministerpräsident absolviert. Vor dem Gemälde „Die Versuchung des heiligen Josef“ setzte er sich mit seiner First Family in Szene. Alles was Rang und Namen in Bayern hat, stand zweieinhalb Stunden im Defilee, um ihm die Hand zu schütteln. Nur seine Minister huldigten ihm nicht. Dafür rügte er sie öffentlich. Beim Neujahrsempfang 2010 gaben viel Prominente Seehofer einen Korb. Und am Kleid von Gattin Karin wurde auch noch rumgenörgelt.
Er habe eh keine Lust auf Anzapfen, Tanzen und Stehempfänge, ließ Seehofer schon mal wissen.Abgesagt wurde der Neujahrsempfangs bisher beim Golfkrieg und beim Tsunami in Südostasien.
Im Kabinett nimmt man den Feierboykott locker. „Wer weiß, wie lange das bei Seehofer wieder gilt“, so ein CSU-Mitglied. Und wie lange Seehofer noch Ministerpräsident ist. Angela Böhm