Sparen trotz Corona: Geht diese Rechnung auf?

Rund 300 Milliarden Euro hat der deutsche Staat seit Frühjahr 2020 in die Hand genommen, um den Corona-Schock für Bürger und Firmen abzufedern. Doch die kostspieligen Hilfen haben tiefe Löcher in die öffentlichen Kassen gerissen, die Schuldenbremse wurde eigens ausgesetzt.
Wenn es nach dem Willen der CSU geht, soll die bald wieder greifen. Vielen Bürgern würde die Schuldenlast Sorgen machen. "Mich treibt eine solch gigantische Neuverschuldung auch um", sagt Manfred Weber, Chef Fraktionschef der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament und CSU-Vize, der AZ. "Es war und ist richtig und notwendig, dass wir in der Krise dagegengehalten haben, aber die Union muss die Kraft sein, die den Bürgern die Zusage, das Versprechen gibt, zu stabilen Haushalten zurückzukehren."
Weber: "Wir müssen jetzt auf die Bremse treten"
Das sei auch ein Signal an die europäischen Staaten, die in der Pandemie ebenfalls gigantische Hilfsprogramme aufgelegt hatten. "Wir müssen jetzt auf die Bremse treten", sagt Weber. "Gehen wir Deutschen hier nicht voran, droht ein Dammbruch."
Wirtschaftsexperten warnen allerdings davor, den Geldhahn zu schnell zuzudrehen und damit die wirtschaftliche Erholung sowohl in Deutschland als auch in Europa aufs Spiel zu setzen. "Eine übereilte Rückkehr zu den Maastricht-Schuldenregeln gefährdet Europas wirtschaftlichen Wiederaufstieg nach der Corona-Krise", erklärt Jens Südekum, Ökonom und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. Er sieht sogar die internationale Konkurrenzfähigkeit in Gefahr, wenn die Regierung nun einen Sparkurs fahre. "Wir werden dann noch weiter hinter USA und China zurückfallen, wenn wir einen unnötigen Sparkurs einlegen, wo eigentlich eine beherzte Investitionsoffensive in neue Technologien gebraucht wird", sagt er.
Im Wahlkampf könnte die Schuldenbremse erneut zum Thema werden. Denn die Grünen und die SPD wollen den Sparkurs nicht mittragen. "Die Union will Deutschland auf einen harten Sparkurs zwingen, mit schweren wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen", sagt der Finanzexperte der Grünen, Sven-Christian Kindler.
"Wir wollen kein Jahrzehnt des Kaputtsparens"
Er fordert eine Reform der Schuldenregeln, um mehr Investitionen finanzieren zu können. "Wir wollen in diesen 20er Jahren ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen und kein Jahrzehnt des Kaputtsparens", sagt Kindler.
Er schlägt eine Regel vor, die die Finanzierung von Nettoinvestitionen über Kredite ermöglicht. "Nur mit einem Investitionsturbo für eine moderne Infrastruktur werden wir die Krisen unserer Zeit gut bewältigen können", sagt der Grüne.
In der SPD findet Norbert Walter-Borjans, Parteichef und ehemaliger Finanzminister in NRW, deutliche Worte. "Was die Konservativen betreiben, ist nicht nur Panikmache - so eine Denke verbaut Deutschlands Zukunft", sagt er. "Wer Kredite für Teufelszeug hält, soll sagen, dass er stattdessen lieber Lasten in Form schlechter Bildung, rückständiger Digitalnetze und maroder Verkehrswege in die Zukunft schieben will. Das wäre wirklich eine Versündigung an der nächsten Generation."