Sozialdemokratische Schwächen: So steht es um die SPD

Die Kanzlerpartei tritt geschlossen auf, doch in den Umfragen sieht es nicht rosig aus.Woran liegt das? Eine Analyse.
von  Christian Grimm
Bundeskanzler Olaf Scholz (M., SPD) mit den SPD-Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken bei der Jahresauftaktklausur des SPD-Präsidiums und des SPD-Parteivorstandes.
Bundeskanzler Olaf Scholz (M., SPD) mit den SPD-Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken bei der Jahresauftaktklausur des SPD-Präsidiums und des SPD-Parteivorstandes. © Foto: dpa

Zu Beginn des neuen Jahres hängt die SPD in einer für sie unbefriedigenden Lage fest. Die Partei hat 20 Jahre der Selbstzerfleischung nach Gerhard Schröders Kanzlerschaft abgehakt. Sie stellt mit Olaf Scholz den Bundeskanzler und führt als größte Fraktion die Ampel-Koalition an.

Mit der stattlichen Erhöhung des Mindestlohnes auf 12 Euro und der deutlichen Steigerung des Hartz-IV-Satzes konnte sie zwei Herzensprojekte durchsetzen. Und laut ZDF-Politikbarometer sind 58 Prozent mit der Arbeit des Kanzlers einverstanden.

SPD kommt in Umfragen nicht vom Fleck

Dennoch kommt die SPD in den Umfragen nicht vom Fleck, pendelt um die Marke um 20 Prozent. Die Union kratzt derweil an der Schwelle zu 30 Prozent. Scholz gelingt es anders als Angela Merkel nicht, seiner Partei einen spürbaren Schub zu verpassen - für die Strategen im Brandt-Haus ein ernüchternder Befund, denn der Kanzler müsste doch das gewichtigste Argument für die SPD sein.

Scholz ist ein zurückhaltender Rhetoriker wie Merkel auch, weshalb es daran nicht liegen kann, dass er die Sozialdemokraten in der Wählergunst nicht nach oben zieht. Im Gegenteil. Die Kopie von Merkels Habitus war ein Baustein seines Erfolgs bei der Bundestagswahl. Selbst seine bei den Partnerländern umstrittene Zurückhaltung beim Liefern von Panzern an die Ukraine wird von einer Mehrheit der Wähler gutgeheißen.

Die Schwäche der SPD in den Umfragen hat verschiedene Ursachen, nicht an allen trägt sie Schuld. Wegen der nicht aufhören wollenden Folge schwerer Verwerfungen - Finanz-, Flüchtlings-, Klimakrise und nun der Ukraine-Krieg - hat das Vertrauen in die Kraft des Staates und seiner Organe generell abgenommen. Gleichzeitig wird die Gesellschaft vielgestaltiger, was sich auch im Parteiensystem widerspiegelt. Im Bundestag sitzen heute sechs Fraktionen. Ergebnisse von 40 Prozent und mehr sind heute auf Bundesebene nur noch in Ausnahmekonstellationen möglich. Das ist die eine Seite. Für die andere ist die SPD selbst verantwortlich.

Zeitenwende: Vergeigt

Zuerst zu nennen ist das Vergeigen der von Scholz ausgerufenen Zeitenwende. Trotz einer Kriegskasse von 100 Milliarden Euro ("Sondervermögen") ist die Bundeswehr noch immer blank. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht stolpert von einer Blamage in die nächste. Die deutschen Verbände für die Nato-Speerspitze sind nicht ausreichend ausgerüstet und die Truppe hat nur Munition für zwei bis drei Kampftage. Lambrecht wollte den Job nicht und schielt auf das Amt von Innenministerin Nancy Faeser.

Die 52-Jährige wird wohl Spitzenkandidatin der SPD in Hessen, hat sich aber als Innenministerin nicht für Höheres empfohlen. Weder konnte sie die illegale Migration bremsen, noch hat sie eine Antwort auf die Gewalt gegen Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter. Die dritte Schwachstelle in der SPD-Ministerriege ist Bauministerin Klara Geywitz, die ihre Ziele beim Bau von Wohnungen kolossal verfehlt.

Staat schafft es nicht, bezahlbare Wohnungen zu bauen

Der Staat schafft es auch unter einer SPD geführten Regierung nicht, bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Scholz könnte seiner Partei einen Dienst erweisen, tauschte er das Ministerinnen-Trio aus. Wenn Faeser ihre Entscheidung bekannt gibt, bietet sich ihm eine günstige Gelegenheit. Aber der Kanzler steht sich bei der Korrektur von Fehlern gerne selbst im Wege, weil es gegen seine Überzeugung spricht, die Dinge von langer Hand richtig in die Wege geleitet zu haben.

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