Söder und Guttenberg: Zwei gegen Seehofer

MÜNCHEN/BERLIN - Bisher waren sie sich spinnefeind. Nun haben sich Karl-Theodor zu Guttenberg und Markus Söder geeinigt: Der eine könnte neuer Ministerpräsident werden, der andere CSU-Chef. Das hatte sich Horst Seehofer anders gedacht.
Alte Feinde, neue Freunde: Horst Seehofer muss jetzt vor seinen beiden Kronprinzen zittern, dass sie ihn schachmatt setzten könnten. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (37) und Bayerns Umwelt- und Gesundheitsminister Markus Söder (42) haben still und leise ihren Fehdehandschuh begraben und einen Pakt geschlossen: Keiner wird dem anderen in die Quere kommen.
Der eine strebt nicht nach München in die Staatskanzlei. Nach der bayerischen Verfassung könnte Guttenberg das eh frühestens mit 40 - und da fehlen ihm noch gut zwei Jahre. Der andere will nicht nach Berlin. Das heißt: Sie werden sich die Macht teilen. Seite an Seite sitzen sie ab Montag bei den Koalitionsverhandlungen am Tisch.
Bitter für den Noch-CSU-Chef und Ministerpräsidenten. Hatte Seehofer die beiden doch ganz geschickt aufgestellt, damit sie sich gegenseitig in Schach halten und ihm so die Macht an der Spitze der Partei und in Bayern sichern.
Doch darauf kann er sich nicht mehr verlassen. Seehofer ist jetzt nur noch Herrscher von Söders und Guttenbergs Gnaden. Bei mehreren Treffen haben sich der Adelsspross und der Maurermeister-Sohn einander angenähert. „Sie liegen nicht mehr im Streit“, heißt es in der CSU. „Die beiden haben jetzt ein belastbares Verhältnis.“ Damit hatte niemand in der Partei gerechnet.
Von Anfang an lagen die beiden Franken miteinander im Machtkampf. Seit dem Aufstieg Guttenbergs hat Söder seinen Alleinvertretungsanspruch der nächsten CSU-Generation verloren. Plötzlich trafen zwei Alpha-Männchen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Guttenberg ist Katholik, auf einem Schloss aufgewachsen mit Klavierunterricht, Jagd, High School in den USA und Millionen-Vermögen im Kreuz. Er eroberte sofort die Herzen der CSU und der Wähler und wurde zum Super-Star.
Söder ist Protestant, wuchs im Nürnberger Arbeiter-Viertel Schweinau auf, spielte Fußball und heiratete reich. Die CSU-Herzen erreichte er nicht. Keiner polarisiert so wie er. Söder musste sich hart empor arbeiten. Von Stoibers Generalsekretär bis zum Umwelt- und Gesundheitsminister. Dass er die CSU für ökologische Wählerschichten öffnet, kommt in der Partei nicht gerade gut an. Er will Bayern gentechnikfrei machen und die Donau nicht mehr ausbauen. Dafür verpasste ihm die CSU auf ihrem Parteitag einen Denkzettel. „Das sind die alten Betonköpfe. Ich bin die Zukunft“, giftete er danach.
Nun sitzt Söder mit bei den Verhandlungen am Koalitionstisch. Er ist der Einzige in der CSU-Truppe, der darin Erfahrung hat. Als Generalsekretär verhandelte er 2005 an der Seite von Edmund Stoiber und Erwin Huber die große Koalition. Seehofer durfte nur bei wenigen Punkten dabei sein. Alle anderen sind Neulinge.
Bisher halten sich die neuen Freunde bedeckt. Keiner will Putschist sein. Auch die CSU ist in einem Dilemma. Alle wollen Guttenberg als Parteichef, viele aber Söder nicht als Ministerpräsident. Doch in einem sind sich die meisten einig. Diesmal soll es eine harmonische Scheidung werden. Ein CSU-Mann zur AZ: „Wenn sich ein Ehepaar trennt, muss man sich Zeit nehmen, um einen Rosenkrieg zu vermeiden.“
Angela Böhm